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III.
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"unmerung.
lassicistische
gungen.
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nicht das geborene Genie wie jener gottbegnadete Meister, sondern
ein Talent, das fast ausschliessend vom Erlernten zehrte. Dadurch
war er auf den Eklektiker gewiesen und tauschte sich und die Welt,
wenn er sich den Anschein gab, mehr und selbständig zu sein.
Denn wenn er selbst sagte, der Maler soll aus der Antike den Ge-
schmack der Schönheit, von Raphael den der Bedeutung oder des
Ausdrucks, von Correggio den der Gefälligkeit und der Harmonie,
von Tizian den der Wahrheit oder Farbe entnehmen, so war sein
Lernen von den Meistern eine oft zu greifbare Herübernahme und
überdiess war sein Verstandniss derselben nur zu oft bedauerlich
schwach. Wenn er z. B. in seinen Schriften sich über Raphael
dahin aussprach, dass sein Verdienst nur in der Erfindung und zum
Theil in der Zeichnung beruhe, dass er nicht gewusst habe, was
Ideal War, woran es z. B. seinen Madonnen gebrach, dass er, wenn
er keinen starken Ausdruck zu malen hatte, blos Nachahmer der
Natur war, dass man ihn daher nur in jenen Charakteren, welche
ihm eigen sind, nemlich in den alten und nervösen Constitutionen
studiren müsse, weil er bei der Vorstellung zart gebauter Körper zu
hart und bei den allzu starken ein tibertriebener Copist des Michel-
angelo sei, dass er auf das Colorit ganz vergass, indem er sich um
alle die Theile, Welche zur Vollkommenheit führen, weniger beküm-
merte und sich mehr bemühte, eine Fertigkeit zu erlangen, etwas
geschwind zu vollenden u. s. w., so glaubt man kaum seinen Augen,
solchen Aberwitz aus der Feder eines posthumen Nacheiferers
Raphaels geflossen zu sehen, der doch vorzugsweise desshalb zum
drittenmale nach Rom gegangen war, um wohl nicht minder unter
dem Einflusse der, Transfiguration als im Wettkampfe mit derselben
seine Himmelfahrt zu vollenden. Ein Glück für Mengs, dass der Be-
steller diese Vollendung nicht mehr erlebte. Der kunstsinnige August III.,
der bei Ankunft der Sistina und ihrer Besichtigung im Thronsaal
mit dem Ausrufe wPlatz da für den grossen Raphaellc eigenhändig
den Thronsessel zurückgeschoben haben soll, würde die Enttäuschung
einiger Kunstfreunde in Dresden getheilt und vielleicht die Anmassung
des Künstlers ähnlich zurückgewiesen haben, wie er die Kühnheit
des Rotari, der sich vermass, die Nacht des Gorreggio zu Verbessern
und zu überbieten, mit den Worten geisselte: ))C'est bon pour le
derriere du (lorregela
Statt einer gereiften und einsichtigen Kritik, welche den Künst-