Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

herzustellen, bei Welcher die borroniinischen Curven (ob absichtlich, 
wie die Sage will, oder zufällig, muss dahin gestellt bleiben) geradezu 
auf das Vorbild einer Rocoeocommode hinführten. Die zufällige 
Laune des königlichen Bauherrn spielte überhaupt nicht selten eine 
Rolle: kleine Privathäuser mussten sich gelegentlich in das zu weite 
Kleid eines römischen Palazzo  Barberini oder Borghese  stecken, 
wobei dann die Rücksicht auf Zweckmässigkeit, die unter der vorigen 
Regierung allzu ausschliessend gepflegt worden war, mit Füssen 
getreten ward. Selbst einen gothischcn Versuch konnte sich die 
Laune des Königs nicht versagen, über dessen Kläglichkeit Ange- 
sichts des Nauener Thors in Potsdam kein WVort zu verlieren ist. 
Dass überhaupt Friedrich seine baulichen Werke mehr als seine 
persönliche Kurzweil, wie die dazu von ihm entworfenen Skizzen, 
behandelte und sich an ihnen wie an Experimenten ergötzte, zeigt 
auch dessen zunehmende Gleichgültigkeit gegen die Solidität aller 
Decoration, wie er denn auch geradezu erklärte, er wolle nicht 
wie die Römer für die Nachwelt bauen, es solle nur bei seinem 
Leben dauern. 
Dass nach diesen Grundsätzen auch der Plastik nur ein sehr küm- 
merliches Loos beschieden war, liegt in der Natur der Sache. Der 
König räumte ihr nur die Berechtigung für einen flüchtigen Coup 
d'oeil ein und so kam die Kunst über erbiirmliche Decorationsstücke 
in laerninesk-französischem Styl nicht hinaus. Fremiifs Typen im 
S-Contour trieben unkrautartig ihre Schösslinge in den Nischen 
wie auf den Balustradcn: halbnackte Allegorien besonders der Jahres- 
zeiten wie der verschiedenen geistigen Thätigkeiten und Künste, die 
letzten übrigens ein trauriger Ersatz für die verlernen Künste selbst. 
Von solchen Balustraden-Bildhauern ist vielleicht F. E. Meyer (T 1'790) 
zu nennen, von dem die Statuen an der Bibliothek zu Berlin stam- 
men. Die Bildhauerarbeiten waren so schlecht bezahlt, dass sich die 
Anfertigung grosser Modelle und die Uebertragung derselben durch 
Punktirung nicht verlohnte. Schlütefs Giesshaus war ganz verödet 
und der Bronzeguss dergestalt in Vergessenheit gekommen, dass noch 
Schadow seine Quadriga in Kupferblech treiben lassen musste, und 
nach dessen vergeblichen Bemühungen die Technik des Statuen- 
gusses von Stockholm und St. Petersburg nach Berlin zu verpflanzen, 
selbst Raucffs Blüchergtatue in Paris gegossen werden musste. 
Als das bevorzugte Gebiet der Plastik aber erscheint die Porzellan-
	        
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