Siebentes
Capitel.
Die
Architektur
der
art.
Gegonw
Die deutsche Bauthätigkeit der Gegenwart klammert sich wie
die Plastik weniger an moderne auswärtige Einflüsse, als die Malerei.
Fanden wir dort Frankreich und Belgien tonailgebend, so erscheint
in der Architektur Deutschland der gleichzeitigen Thätigkeit der Nach-
barländer gegenüber so selbständig, dass selbst Italien sich die
Mühe geben darf, bei uns zu lernen, wie wir ihre Schätze früherer
Zeiten fruchtbar zu machen verstanden. Man darf Angesichts der
Neubauten in Mailand, Florenz und Rom und in der Hauptsache
können nur diese Städte, als eines frischen Aufschwungs theilhaftig
geworden, hier in Betracht kommen getrost laehaupten, dass die
deutschen Architekten Italien besser kennen, als die Italiener selbst.
Mag es nun die Scheu vor banaler Wiederholung sein, Abgestumpfl-
heit gegen die Wirkung ihrer unvergleichlichen Schöpfungen des
'15. und 16. Jahrhunderts, oder sehen die Italiener wirklich, wie man
zu sagen pflegt, den Wald vor Bäumen nicht, ihre moderne Archi-
tektur sucht den Schlüssel zu architektonischer Schönheit überall
lieber als bei sich selbst und verräth stark Lust sich von Frankreich
beeinflussen zu lassen. Sie haben es namentlich nicht verstanden
den Renaissancepalast in den modernen Miethzinsbau umzugestalten,
und sind daher von einer Aeusserlichkeit in die andere, von Kahl-
heit in überzierliche Decorationslust verfallen, wobei immer die wahre
Grösse ihrer Vorfahren unberücksichtigt geblieben ist.