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Cap-
Die neueste
Plastik.
ausgestattet, nicht das im Ganzen wieder gut zu machen verstanden
hätte, was im Einzelnen verletzt. Da es aber der Umriss und nicht die
plastische Form ist, was am rühmenswerthesten, so ist klar, dass
der Werth des Werkes in der malerischen und nicht in der plasti-
schen Auffassung liegt. Sonst sind Begas" Schöpfungen im erotischen
und Faungebiete am rühmenswerthesten. Das badende Mädchen,
Venus den Amor tröstend, ein alter Faun sein Söhnchen im Flöten-
spiel unterweisend, oder ein als Brunnenfigur gedachter verdrossener
Knabe mit dem Schlauch auf dem Kopf und anderes, sprudeln von
Leben und von saftiger Frische des Fleisches. Dass Begas als Por-
trätist nicht minder glücklich, liegt auf der Hand, doch wird ilnn
selbstverständlich der flotte Brausekopf immer besser gelingen als
lder gehaltene Denker. An Begas reihen sich die Namen M. P.
Otto und L. Sussmcvnn-Hellborva, einer Zahl jüngerer Kräfte nicht zu
gedenken, welche ihre Kunst erst noch entschiedener zu erproben
haben.
In Wien war das neue Evangelium der Realität schon von
Hans Gasser, geb. 1817 zu Eisentratten in Kärnthen, t "1868 zu
Pest, verkündet worden. Er hatte seine Studien in München, das
er in instinktiver Abneigung gegen die Antike Rom vorzog, gemacht,
jedoch sich Schwanthaler ziemlich ferne gehalten. Das akademische
Drapirungstvesen und die Verleugnung der Individualität gefielen ihm
nicht. In Porträtbüsten gelang es ihm jedoch einige Aufmunterung
zu erfahren; doch zwangen ihn sonst widrige Umstände, namentlich
seit seiner Rückkehr nach Wien, meist zu decorativen Arbeiten.
Die Flüchtigkeit und Skizzenhaftigkeit, ja man kann sagen die Un-
Fähigkeit, einen Entwurf zur völligen Durchbildung zubringen, welche
den genialen Mann beherrschte, wurden dadurch noch befördert und
behinderten einen grösseren Erfolg. Im W ielanddenkmal für Weimar,
dem einzigen eigentlich monumentalen WVerke seiner Hand, befrie-
digte er auch die Erwartung keineswegs, wie es fast immer geschah,
sobald er zur Ausführung eines Entwurfes schreiten musste.
München besitzt seinen hervorragendsten Realisten in ilIiclt.
Wagmillleßr, welcher jedoch im Porträtfach trotz oder vielleicht wegen
zahlreicher Aufträge nicht zu der Individualität gelangen konnte, wie.
man sie von seiner Tendenz erwarten sollte. Dagegen sind seine
Kindergruppen, das Mädchen mit der Eidechse, die Schmetterling-
fängerin, oder das Mädchen mit einem Kinde scherzend, von reiz-