die Hauptsache bleiben und mithin die in derselben erreichbare
höchste Schönheit. Ohne diese wird die Plastik in den meigfgn
Fallen auf dem Punkte der Unvollendung zu stehen scheinen , auf
welchem sich in der Malerei die Skizze befindet, wenn nicht bei
voller Durchbildung jene unerträgliche Harte entstehen soll, welche
Gypsabformungen nach dem Leben zeigen. Es ist nicht zu leugnen,
dass der Realismus in der Bildnerei Leistungen geschaffen, welche
fesselnd, genial und bedeutend sind; doch dürfen sie nur den Schein
der YVirklichkeit geben und verlieren sich dadurch von ihrem eigenen
Gebiete in das der Malerei. Für denjenigen, welchem es klar ge-
worden, wie allzuplastische Behandlung der Malerei ungehörig oder
eine dichtende der Musik unzuträglich, der muss auch, trotz der
modernen Stylvermischung oder richtiger -Verwirrung erkennen, dass
es auch in der Plastik eine Gränze giebt, welche niemals, also auch
nicht auf Grund veränderter moderner Anschauungen in unseren
'l'agen überschritten werden darf. Die stylistischen Grundgesetze
sind unveränderlich.
Unter den Begründern der realistisch malerischen Richtung in
der deutschen Plastik ist als der wichtigste Reinhold Begas, der Sohn
des oftgenannten Malers Carl Begas, zu bezeichnen. Er hatte seinen
Ruf 1862 durch die Concurrenz für das Schillerdenkmal vor dem
Schauspielhause zu Berlin begründet, und, wie bemerkt worden ist,
nicht wegen, sondern trotz seiner Richtung auch verdient. Das mit
den vier allegorischen Gestalten der Lyrik, Tragödie, Geschichte und
Philosophie geschmückte, leider für die mächtige Freitreppe des
'l'heaters im Hintergrunde zu niedrige Pieelestal trägt des Dichters
Gestalt, pwelche nur den Mantel etwas zu sehr schleppt, um in der
Erfindung ganz zu befriedigen. Die Allegorien , weit entfernt etwa
nur durch ihre Attribute sich zu erkennen zu geben, vcrrathen ihre
YVesenheit in anschaulicher Weise, doch nicht ohne an der Klippe des
schmalen Fahrwassers der Charakteristik, nämlich der Karrikatur
zu streifen. Wenigstens setzt die Philosophie an die Stelle des
Forscherernstes starre Hässlichkeit, nicht gerade geeignet die Jünger
der Wissenschaft zur Annäherung an ihr Heiligthum heranzuziehen.
Die derben Körper-Formen, skizzenhaft behandelt, würden durch die
schwere Massenhaftigkeit des flott modellirten, aber nichts weniger
als durchgebildetcn Gewandes geradezu plump erscheinen, wenn der
geniale Künstler, mit seltenem Sinne für die Gesarnmtsilhouette