Mit dem Regierungsantritt des kunstfcindlichen Friedrich Wil-
helm I. (1713) wurden auch sie überflüssig. Gebaut wurde zwar
auch jetzt, es wurde sogar viel gebaut; aber eine Baukunst gab
es, wie Woltmann bezeichnend sagt, nicht. Maurer- und Zimmer-
meister traten an die Stelle der Architekten. Die alte Vorliebe für
die holländische Bauweise in der Privatarchitektur kehrte zwar wieder
Zurück, allein sie schien den König dann am meisten anzu-
sprechen, wenn sie möglichst schmucklos war. Der Sinn für das
Praktische, Zweckmässige, Prosaische, wie er diesen Monarchen aus-
zeichnete und zu dem französischen Wesen der Zeit Ludwig XV. in
den schroffsten Gegensatz stellte, trat in den Vordergrund, und wo
es nicht gelang die Auswüchse und Maasslosigkeiten ganz abzu-
schneiden, schnürte er dieselben erstickend zusammen, wie die
üppigen Locken der Allongeperückenzeit in den knappen, steifen Zopf.
Der Zopfstyl feierte damals in Berlin" seine klanglose Erstehung, allein
er erschien wie eine todtbleiche Fratze verglichen mit der lebens-
frohen Physiognomie des vorausgegangenen Barockstyls.
Glücklicherweise dauerte dessen ökonomisch vielleicht ganz respec-
table, künstlerisch aber trostlose Herrschaft in ihrer Ausschliesslich-
keit nicht allzulange. Friedrich des Grossen lebhafter, wenn auch
keineswegs gründlicher und wandelloser Sinn für das Schöne hätte
eher ganz Europa als den Künsten den Krieg erklären können.
Freilich wandte sich sein Auge wieder und zwar schon vor seiner
Thronbesteigung (1740) nach Frankreich, aber so sehr es sich auch
an der Zierlichkeit des Rococostyls ergötzte, so war es doch nicht
unempfindlich und verständnisslos gegen den Umschwung, der sich
dort um die Mitte des Jahrhunderts anbahnte und der nicht blos
in abtödtender Reaction, sondern in einer Wirklichen Neubildung
bestand. Nicht minder als die tändelnde wenn auch nicht geistlose
Eleganz des Hofes Ludwig XV. fesselten ihn die bahnbrechenden
Geister des sich von ferne ankündigenden Glassicismus, wenn er auch
noch Wenige? als jene sich von den Schlacken der vorausgegange-
nen Periode zu reinigen vermochte.
Schon als Kronprinz hatte er den ihm congenialen G. W. v.
Knobelsdorff 1753) an sich gezogen und ihn zu einer Studien-
reise nach Italien veranlasst, auf welcher der Sinn für Antike in
ihm so lebendig ward, dass er auch durch seine späteren Rococo-
studien in Frankreich nicht mehr zu verdrängen war. Mit welchem
Reber, Kunstgeschichte. 4