Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

und sein ganzes Leben in Sachsen wirkend. Er hat, abgesehen von 
dem vollständigen Erfassen des Geschmackes seiner Zeit, das unbe- 
streitbare Verdienst, die Art des Materials, die Wirkungen der blassen 
Farben u. s. w. zu einer stylvollcn Verwerthung gebracht zu haben, 
Wie sie seitdem nicht Wieder gelungen ist, so dass ich seine Arbeiten 
geradezu das Beste in der Plastik seiner Periode nennen möchte, 
wie die der Schüler Watteau's im Gebiete der gleichzeitigen Malerei. 
Vergleicht man damit die Arbeiten des sogen. sächsischen Cellini, 
des J. M. Dinglingcr ("i 1731), dessen in Hinsicht auf Technik und 
Fleiss stupende Goldschmied-Arloeitcn zu den bewnndertsten Schätzen 
des grünen Gewölbes in Dresden gehören, so entscheidet man sich 
schwer, was mehr zu bedauern sei, 0b der Aufwand von Zeit oder 
der des kostbarsten Materials, welcher an den gleichwohl überaus 
geschickt, aber ebenso geschmack- als kunstwidrig hergestellten 
Wunderlichkeiten verschwendet ist. 
Wenn es aber auch schon in der ersten Hälfte des Jahrhun- 
derts nicht an Einzelnen fehlte, die der wilden Ausartung des Rococo 
in Wort und That eine ruhigere Haltung gegenüber stellten, beab- 
sichtigten und erstrebten diese zumeist doch nur jene trübselige Er- 
nüchterung nach der berauschten Ausgelassenheit, welche wir als 
der Zopfzeit charakteristisch zu betrachten haben. Wenige wussten 
derselben, wie der Bildhauer L. illatticllwi, der 1743 aus der Wiener 
Schule gekommen, aber nach unglaublicher Produktivität (79 Statuen 
an der Hofkirche zu Dresden) schon 1748 gestorben war, auch nur 
den Schein von Erholung zu verleihen; meist war sie eher mit voll- 
ständiger Erschöpfung und Alterschwüche zu vergleichen. 
Ragte demnach Dresden in der ersten Hälfte des 18. Jahrhun- 
derts im Gebiete der Malerei und Plastik nur durch lebhafte Pflege 
hervor, ohne sich Wenigstens in monumentalen Werken über die 
allgemeine Misere der Zeit zu erheben, so steht es im Gebiete der 
Architektur mit einigen grossen Leistungen von bleibendem Werthe 
entschieden obenan. Wenn Kaiser Augustus von sich sagen konnte, 
er habe Rom als eine Stadt von Backstein vorgefunden und lasse 
sie als eine marmorne zurück, so durfte sein Namensvetter in Sachsen 
mit dem Beinamen des Starken sich rühmen, dass er seine Haupt- 
stadt, die durch den vorherrschenden Fachwerkbau vor ihm eine 
hölzerne genannt werden konnte, in eine Stadt von Palästen ver- 
wandelt habe. Der Brand der Neustadt 1685 hatte den anssern
	        
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