Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

ihren Ausgangspunkt genommen, haben neuestens alles Anlehnen 
an ältere Vorbilder verworfen und sich die bedenkliche Aufgabe ge- 
stellt, einen neuen von fremden Einflüssen unabhängigen Styl zu finden. 
Sie haben ihr Programm, das gegen Glassicismus und Realismus 
zugleich gerichtet ist, im Journal de beaux-arts 1871 niedergelegt; 
es darf jedoch bezweifelt werden, dass es in ihrer Macht liegt, selbst 
von den dort gegebenen Grundsätzen durchschlagenden Gebrauch zu 
machen. Gegen die Richtigkeit derselben wird kein Bedenken erhoben 
werden können; denn dass die Kunst aden innigsten Einklang der 
Gestaltung mit der COIICGpIlOIM verlange und dass adie- äussere 
Form eines Kunstwerkes die logische Consequenz der Idee, aus 
welcher es entsprungen ist, sein SOllc, ist wohl schon seit den Tagen 
eines Phidias und Polygnot oberster Grundsatz gewesen. Es handelt 
sich aber darum, wie diess zu bewerkstelligen sei, und darüber ver- 
mochten die Werke der beiden Künstler, worunter die zwei auf der 
Wiener Ausstellung befindlichen wJacobäa von Bayern bittet Philipp 
den Guten um Gnade für ihren Gemahlc und vßdie heilige Elisabeth 
von den Bewohnern Eisenachs abgewiesem keine ganz befriedigende 
Vorstellung zu geben. 
Es wird wohl ein vergebliches- Beginnen sein, mit nationalen 
Programmen dem Eindringen der Richtung der Gegenwart, dem kos- 
inopolitischen Realismus in formaler wie in coloristischer Beziehung, 
Widerstand zu leisten. In Belgien zumal, wo seit der Wiederbe- 
lebung der Malerei i. J. 1830 ein starker realistischer Zug durch 
die ganze Entwicklung ging, wäre diess selbst ohne den Vorgang 
Frankreichs unvermeidlich gewesen. Auch war die ganze Tradition 
im Gegensatze zur romanischen Idealität überwiegend realistisch, 
und so bewerkstelligte sich der Uebergang zum reinen Realismus 
leicht. Man brauchte nur die ohnediess gelockerte Anklammerung 
an die vlämischen Vorbilder fallen zu lassen und sich ausschliessend 
an die Natur zu halten, dann fand sich auch von selbst, dass die 
seit Wappers angestrebte Coloristik in ihrer blühenden Schönheit 
über die Wirklichkeit hinausging und an's Ideale streifte. Und so 
fand denn auch der Grundsatz des Realismus, welchen Gourbet als 
die Negation des Ideals definirt hatte, mit Ausschluss der Farbe 
in allem Uebrigen einen seit den Tagen der Van Eyck wohl vor- 
bereiteten Boden. 
Als das Haupt der belgischen Realisten gilt Charles de Groux,
	        
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