582
IV
Ich
(ZaP
V01?
1er
isiscl]
vHemicyclee, wie das Gemälde der halbkreisförmigen Exedra des
Preisevertheilungssaales wegen genannt wird, in einer allegorischen
Verherrlichung der gesammten Kunst die moderne französische ihren
höchsten Triumph gefeiert hat. Der Grundgedanke ist einfach: die
Nike der Kunst spendet die Kränze, welche sie vom Boden aufnimmt
und in den Saal zu werfen scheint; um sie aber gruppiren sich
zwanglos die Künstler aller Zeiten als die gernachlichen Zeugen des
Festes in der Weise, wie solche Assistenz seit Phidias" Parthenon-
fries und Raphaels Disputa wiederholt angeordnet worden ist. Allein
wie schon die Idealfigur der Kränzespenderin unter Beiziehuiug aller
technischen Hilfsmittel die Idealität ihrer Formen von einer packen-
den Coloritplastik durchdrungen zeigt, so lösen sich auch die Künstler-
gestalten in ihrer farbensatten Erscheinung förmlich vom Grunde und
lassen hiedurch wie durch die leichte Eleganz ihres Gebahrens, die
gediegene Porträtwahrheit, wie durch die Correctheit, Pracht und
Eingelebtheit des Costüms vergessen, dass die monumentale Haltung
überschritten sei. S0 kann man den sHemicyclee zwar nicht als
das beste Bild des modernen Frankreich, aber als dasjenige bezeich-
nen, welches die französische Kunstanschauung und Richtung; am
umfassendsten und klarsten zur Anschauung gebracht hat.
Nach Vollendung dieses Werkes (1841) drängte es den Meister
wieder nach Italien und durch italienische Sittenbilder in lebens-
grossen Figurent) zur religiösen Kunst. Im geschichtlichen Gebiete
reizte ihn nur noch die Darstellung gewaltigen Seelenkampfes, womit
er gewissermassen eine profane Leidensgeschichte neben die christ-
liche setzte. So in xNapoleon zu Fontainebleau, als er eben (1815)
die Nachricht der Capitulation von Paris cmpfangenwtt), in wMaria
Antoinette, nach ihrer Verurtheilung aus dem Revolutionstrihunal
kommende, und den wzur Hinrichtung abgerufenen Girondistenettt).
Von 1851 bis an seinen Tod aber beschäftigte er sich vorwiegend
mit der Leidensgeschichte Mariä, wobei er zumeist die traditionellen
Scenen verliess und den Eingebungen seiner eigenen durch den Tod
i") "Die Familie der Campagnolen an der Porticus vor der Peterskirche" und
ßder kleine Bettler mit seiner Mutter an den Stufen einer Kirche" sind durch
rlie Stiche von Francois und Prevost bekannt.
h") Zu den Wenigen nach Deutschland gelangten Werken des Meisters gehörig.
(Museum zu Leipzig.)
anti) Beide durch rlie Stiche von Franqois und Girardet viel verbreitet.