Man wäre auf dem besten Wege gewesen, über dem Zauber
der Farbemxrahrheit Form und Gehalt gänzlich einzubüssen, wgnn
nicht einerseits die Idealistenschtile Ingres" jener bedenklichen Rich-
tung einen Damm entgegengesetzt, und anderseits das mächtig-
erwachte historische Interesse die Kunst von rein coloristischer Ver-
wilderung zurückgehalten htitte. Zeigten gelegentlich mächtige Lei-'
stungen von Ingres, Flandrin u. a., dass es auch in der Malerei
höhere Ziele gab, als jenes Aufgehen im farbensatten Scheine der
gewöhnlichsten Wirklichkeit, so machten es Sammelausstellungen der
Coloristen völlig klar, dass auch sie über individuelle Schranken und
eine gewisse Monotonie der Behandlungsweise nicht hinauskanien
und dass das Virtuosenthum der Führer wie jedes Virtuosenthum
nur Manierirtheit der Nachfolger nach sich ziehe. Man hatte in der
Tfhat, seit die Lyoner Schule das geschichtliche Genre geschaffen,
niemals aufgehört, dasselbe zu cultiviren, wenn auch die Quellen,
wie dies für diese Kunstgattung auch nicht als unberechtigt bezeichnet
werden darf, häufig trübe und die Stoffe ebenso oft der halbhistoiri-
srhen Romanliteratui" (W. Scott) als der eigentlichen Geschichts-
forschung entlehnt wurden. Die Historiographie selbst hatte einen
malerischen Charakter, und die Darstellung in anziehendem, der
Chronik verwandten Erzählungston einen SPFHflflSCll romanhaften An-
strich, Welcher natürlich der bildnerischen Wiedergabe förderlich
entgegenkam, Hatten nun die Plistoriker sich bemüht, ihre Schil-
derungen möglichst anschaulich in's Gebiet der Wirklichkeit zu
rücken, so waren inzwischen auch der Malerei die Mittel erwachsen,
in Form und farbentreuer Realität es dem Erzähler gleichzuthun.
Es brauchte darutn nichts von den realistischen Errungenschaften
geopfert zu werden; es war nur nöthig, das Naturstudium in Form
und Farbe wieder vom Selbstzweck auf das Mittel zum Zwecke her-
abzudrücken. R. Montvoisin, G. Samt-Eure und Andere hatten
diese Richtung gepflegt, mit grösserem Erfolge J. N. Robcrt-Fleury;
doch kam keiner wesentlich darüber hinaus, seine Aufgabe in mög-
lichst treuer Wiedergabe des Details, Costüms , Mobiliars, Geräths
u. s. w, zu suchen, wodurch das antiquarische Interesse in unge-
höriges Uebergewicht und die Bedeutsamkeit der handelnden oder
handlungslos dargestellten Figuren entschieden in den Hintergrund
trat Solange übrigens in der Realität das einzige Heil zu liegen
schien, war kaum eine andere Auffassung für Geschichtsbilder mit
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