Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

Man wäre auf dem besten Wege gewesen, über dem Zauber 
der Farbemxrahrheit Form und Gehalt gänzlich einzubüssen, wgnn 
nicht einerseits die Idealistenschtile Ingres" jener bedenklichen Rich- 
tung einen Damm entgegengesetzt, und anderseits das mächtig- 
erwachte historische Interesse die Kunst von rein coloristischer Ver- 
wilderung zurückgehalten htitte. Zeigten gelegentlich mächtige Lei-' 
stungen von Ingres, Flandrin u. a., dass es auch in der Malerei 
höhere Ziele gab, als jenes Aufgehen im farbensatten Scheine der 
gewöhnlichsten Wirklichkeit, so machten es Sammelausstellungen der 
Coloristen völlig klar, dass auch sie über individuelle Schranken und 
eine gewisse Monotonie der Behandlungsweise nicht hinauskanien 
und dass das Virtuosenthum der Führer wie jedes Virtuosenthum 
nur Manierirtheit der Nachfolger nach sich ziehe. Man hatte in der 
Tfhat, seit die Lyoner Schule das geschichtliche Genre geschaffen, 
niemals aufgehört, dasselbe zu cultiviren, wenn auch die Quellen, 
wie dies für diese Kunstgattung auch nicht als unberechtigt bezeichnet 
werden darf, häufig trübe und die Stoffe ebenso oft der halbhistoiri- 
srhen Romanliteratui" (W. Scott) als der eigentlichen Geschichts- 
forschung entlehnt wurden. Die Historiographie selbst hatte einen 
malerischen Charakter, und die Darstellung in anziehendem, der 
Chronik verwandten Erzählungston einen SPFHflflSCll romanhaften An- 
strich, Welcher natürlich der bildnerischen Wiedergabe förderlich 
entgegenkam, Hatten nun die Plistoriker sich bemüht, ihre Schil- 
derungen möglichst anschaulich in's Gebiet der Wirklichkeit zu 
rücken, so waren inzwischen auch der Malerei die Mittel erwachsen, 
in Form und farbentreuer Realität es dem Erzähler gleichzuthun. 
Es brauchte darutn nichts von den realistischen Errungenschaften 
geopfert zu werden; es war nur nöthig, das Naturstudium in Form 
und Farbe wieder vom Selbstzweck auf das Mittel zum Zwecke her- 
abzudrücken. R. Montvoisin, G. Samt-Eure und Andere hatten 
diese Richtung gepflegt, mit grösserem Erfolge J. N. Robcrt-Fleury; 
doch kam keiner wesentlich darüber hinaus, seine Aufgabe in mög- 
lichst treuer Wiedergabe des Details, Costüms , Mobiliars, Geräths 
u. s. w, zu suchen, wodurch das antiquarische Interesse in unge- 
höriges Uebergewicht und die Bedeutsamkeit der handelnden oder 
handlungslos dargestellten Figuren entschieden in den Hintergrund 
trat Solange übrigens in der Realität das einzige Heil zu liegen 
schien, war kaum eine andere Auffassung für Geschichtsbilder mit 
Rehcr, Kuustgesßllichtß- 37
	        
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