Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

Kenntniss der griechischen Formensprache geläuterten Geschmacke 
der italienischen Hochrenaissance ZLIWHHCllG. Das jetzige russische 
Gesandschaftshotel hatte auf den jungen Künstler aufmerksam ge- 
macht und illm den Auftrag zur Erbauung der vVillac, welche sich 
der damalige Kronprinz Karl bei Berg anlegte, xierschafft. Vlirkungs- 
voller hätte das benachbarte kalt classicistische Lustschloss sRosen- 
steinc nicht geschlagen werden können, als durch die reizvolle An- 
lage, Welche an die Stelle der steifen Gespreiztheit des noch nicht 
ganz zoptfreien Glassicismus jenes Baues den durch Risalite, Thurm- 
anlagen, Loggien u. s. w. ebenso malerisch bewegten als gemächlich 
combinirten Renaissance-Plan und Aufriss setzte, und trotz des be- 
scheidenen Umfangs sich als wahrhaft fürstlichen Lustsitz entfaltete. 
Ein gleicher Geist beseelt das sPalais Weimare, die xVillä Zorm 
und zahlreiche andere Privathäuser, bis endlich 1855 ein königlicher 
Auftrag den Künstler zivang, in strengem griechischen Gewande sein 
Talent zu entfalten. Knapp hatte nemlich zu dem sog. Königsbau, 
einem Hauptgebäude Stuttgarts, nur mehr den Grund legen können, 
als seinem Leben ein Ziel gesetzt ward. Die Aufgabe war von 
erheblicher Schwierigkeit: Bazars in doppelter Reihe sowohl nach der 
Fronte als in einer Passage im Erdgeschoss mit Saalanlagen zu 
Concerten, Ballen und anderen Festlichkeiten im Obergeschosse zweck- 
mässig zu verbinden und die Fronte als mächtige Golonnade zu ge- 
stalten, erforderte nicht geringes Geschick; doch Leins wusste in ge- 
diegener Weise die Lösung zu finden. Die ionischen Porticus, von 
zwei korinthischen Prostylen Linterbrochen, überragt von der Fenster- 
überhöhung des Hauptsaales, bieten einen stattlichen Anblick dar, 
und erheben das Gebäude zu den bedeutsamsten der classicistischen 
Werke der Neuzeit. Leider haben es die Knappschen Vorarbeiten 
und durch ihn gegebenen Grundmauern nicht möglich gemacht, der 
Saalanlage die nöthige Breitenentwickelung zu verleihen.  Wie Leins 
in der italienischen Hochrenaissance, so fand J. v. Egle im franzö- 
sischen Louvrestyl sein Ideal. Diesem hat er auch, nachdem er in 
der Herstellung des Polytechnikums noch vielfach gebunden war, in 
der Baugewerkschule zu Stuttgart sowohl in der Wanddekoration als 
in der Dachhildung in geschickter Weise gehuldigt, ohne sich jedoch 
vor Tadel seines Principes bewahren zu können. Erfreulicher ist 
daher die Entivicklung des Innern mit den zwei schönen glasbedeckten 
Brunnenhöfen und der trefflichen Beleuchtung. Auch ist nißht zu
	        
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