inne wohnte, zugleich von so packender individueller Wahrheit und
doch von so eminenter königlicher Hohheit, wie sie nur die gründ-
lichste Kenntniss der Antike dem Künstler lehren konnte; beides
aber in einer harmonischen Durchdringung, welche nirgends Ge-
machtes, Anempfundenes und Entlehntes und nirgends ungelösten
Dualismus von Realität und Glassicität verräth.
Die reiche Erfahrung am Friedrichsdenkmal verlieh dem Künstler
für seine letzteren Arbeiten im Bildnissgebiet eine Eigenschaft, die
man an einigen früheren Porträtstatuen vermisst, nemlich jene
Leichtigkeit der Erfindung, welche das Müherolle des Entstehens
nicht mehr empfinden lässt. Dadurch zeichnen sich aus die Statuen
der Generale York und Gneisenau, die ihre Stelle zu beiden Seiten
des Blücherdenkmals gefunden haben, ferner das Standbild Kant's
für Königsberg t) und endlich, als eines der letzten Werke des achtzig-
jährigen Greises, die lebensvolle Statue des Begründers der ratio-
nellen Landwirthschaft, Thaer in Berlin.
Eine mit so feinfühligem Formensinn ausgestattete Natur, wie
die Rauclrs, ein Künstler, Welcher die Antike nicht minder wie der
grosse Classicist Thorwaldsen erfasst hatte, bedurfte einer gelegen-
heitlichen Unterbrechung seiner Bildnissthätigkeit durch Arbeiten auf
idealem Gebiet. Wie er aber sein Bildniss in Auffassung, Geberde
und selbst in moderner Gewandung trotz hingebender Naturt.reue
doch mit classischer Klärung zu durchdringen rermochte, so ver-
stand er es auch umgekehrt, Idealtypen in einer Weise neu zu
beleben, wie es keinem anderen Meister unseres Jahrhunderts gelungen
ist. Hatte er es schon in den allegorischen Reliefs an den Piede-
stalen seiner Porträtstatuen dahin gebracht, dass der seit Traians
Tagen conventionelle Habitus von Victorien u. s. w. in ihrer immer
unleidlicher gewordenen kalten Verallgemeinerung zu neuer Beseelung
gelangte, was um so nothwendiger und erfreulicher wurde, als sich
der Künstler nicht immer der bedenklichen Verbindung allegorischer
Figuren mit realen Vorgängen zu entziehen vermochte, so feierte er
einen wahren Triumph der Neuhelebung der Antike in einer Reihe
von Werken, die er 1833-1842 im Auftrage des Königs Ludwig I.
von Bayern für die Walhalla schuf. Es sind die sechs Victorien,
welche wohl den Hauptschmtick des prachtvollen Innern dieses Ge-
L
Philosophen
des
Bildniss
Aus dem
am
Friedrichsdenkmal
entwickelt.