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Es ist auch nur den schweren Zeiten der beiden ersten Jahr-
zehnte unseres Jahrhunderts zuzuschreiben, dass die grosse Aufgabe
des Denkmals Friedrich lI. trotz mehrfacher Anregung nicht Schadow
zutiel, sondern auf bessere Jahre verschoben wurde. Wohl ein
Glück; denn wenn bei Ziethen oder Leopold von Dessau die mangelnde
höhere Auffassung nicht vermisst wird, so hätte diess bei dem Ideal
des preussischen Volkes schwerlich der Fall gewesen sein können.
Es ist demnach wohl nicht allzusehr zu beklagen, dass die Jahre
der französischen Occupation den Schadowschen Meissel fast ganz
auf etliche Büsten beschränkten, welche Ludwig, damals Kronprinz
von Bayern, bestellte, da sein Ruhm durch grössere und mehr ideale
Aufgaben kaum hätte gewinnen können. In der That geschah es
auch nicht als mit der Befreiung Deutschlands aus französischem
Joche im deutschen Kunstleben wieder einiger Pulsschlag, wenn auch
noch in den matten Schlägen eines Reconvalescenten, zu verspüren
war. Die erste grössere Bestellung nemlich, die Schadow nun erhielt,
das Blücherdenkmal für Rostock herzustellen, verunglückte gänzlich,
freilich zum nicht geringen Theile deshalb, weil der hinsichtlich der
Auffassung und Anordnung zu Rathe gezogene Goethe den Künstler,
trotz dessen realistischer Neigung, zu einer in den Reliefs des Piede-
stals doppelt peinlichen halb heracleischen Attitüde nöthigte, und
weil man überdiess den Germanendarstellungen und Trophäen auf
traianischen 'l'riu1npl1alwerken Rechnung tragen zu müssen glaubte.
Jedenfalls hat der Dichterfürst mit der berühmten Inschrift auf der
Rückseite des Sockels t) dem 1819 vollendeten Denkmal einen dan-
kenswertheren Dienst geleistet, wie mit seinen künstlerischen Rath-
schlätgen Hit). In technischer Beziehung mag indess bemerkt werden,
dass man mit diesem Werke das bisherige Verfahren a cire perdue,
wobei die Wachsform zum Zwecke des Gusses ausgeglüht worden
war, verliess, indem auf Schad0w's Veranlassung das moderne Ver-
fahren durch den französischen Giesser Lequine und den Pariser
Ciseleur Coue eingeführt ward.
Glücklicher, weil Weniger getrübt durch symbolisirende Zuthat,
bewusst und gross: so riss er
J. G. Schadoußs Kunstw. und
i") "In Harren und Krieg, in Sturz und Sieg
uns vom Feinde los."
Die bezügliche (Iorrespondenz Goethe's in
Kunstansichten. Berlin 1849. S. 176 fg.