Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

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Bucl 
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Kunstzusi 
inde 
des 
bis 
Jahrhunderts 
1770. 
Reich des Idealen zieht. Sein Anklang aber musste um so grösser sein 
als seine Werke, die für ihre Zeit so modern waren, dass Watteau so- 
gar als Schöpfer der Mode vielmehr wie als deren Nachahmer ton- 
angebend wurde, in seinen Darstellungen dem Treiben der feineren 
Welt als eine Art von Apologie gelten konnte. So gelang es dem 
genialen Cabinetsnialer, eine Schule zu begründen, Welche eine Reihe 
von talentvollen, wenn auch bald ausartenden Nachfolgern, worunter 
der bedeutendste Fr. Boucher (T 1770), in sich fasste. Wie sehr 
sich aber die Galanterieinaler von dem Poussinismus entfernt hatten, 
erhellt aus dem Rath, den Boucher seinen Schülern gab, sich vor 
der Nachahmung der grossen Meister Italiens zu hüten, um nicht 
aSO kalt wie EiSa zu werden? Raphael sei sein sehr trauriger Künst- 
ler und vor Michel Angelo könne man nur Grauen empiindena. 
Eine interessante Erscheinung bieten endlich von der Mitte des 
18. Jahrhunderts ab drei Maler dar, welche sich von der Tradition 
der immer leichtfertiger gewordenen monumentalen Richtung, wie 
von der Pseudo-Idylle der vornehmen Welt losmachten, um am Born 
der ungeschminkten Natur zu schöpfen. Zunächst J. B. S. Ohardiiz 
(T 1779), welcher seine Stoffe dem Volksleben, namentlich den an- 
spruchlosen Scenen des kleinen Bürgerthums entlehnte und mit liebe- 
voller Hingebung darstellte. Zu grösserer Berühmtheit und nament- 
lich zu dem Glücke, nach einem Jahrhundert zu erneuter, ja ver- 
doppelter Schätzung zu gelangen (einige seiner Bilder wurden in 
unserer Zeit bis zu 100,000 Fcs. bezahlt), brachte es J. B. Grcuze 
(T 1804), der in Einzelfigtiren, meistens unreife Mädchen in irgend 
einer harmlosen oder harmlos scheinenden Situation  ich erinnere 
an das Mädchen mit dem zerbrochenen Krug im Louvre  dar- 
stellend, seine höchsten und bleibenden Erfolge erreichte. Damit 
verglichen, blieb die Landschaft, die seit Claude und Dughet ver- 
nachlässigt War, so weit hinter den Niederländern zurück, dass selbst 
J_ Vgrßlet (T 1'789), der hervorragendste unter den Meistern des 
Jahrhunderts, der durch seine gesuchten Sturm- imd Beleuchtungs- 
Etfekte über seine Kräfte hinausging, nicht entfernt mit ihnen ver- 
glichen werden kann. ' 
Die namentlich durch Chardin und Grenze angebahnte Rück- 
kehr zur Natur und Zwar zur ungefälschten des Volkslebens, zugleich 
 bedeutsam als der sich vorbereitenden Hebung des dritten Standes 
aus langer Vergessenheit entsprechend, würde vielleicht eine grosse
	        
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