demnach gar keine Frage, dass im Bildniss in der Zeit des idealen
Aufschwunges sogar ein Rückschritt gegen die Rococoperiode und
selbst gegen Mengs gemacht worden ist.
Der charakteristische Typus für diese Porträtmalerei ist J os. Stieler,
geb. 1781 zu Mainz, 1- 1858 zu München, ein Schüler der Wiener
Akademie, kurze Zeit in Gerard's Atelier zu Paris, dann in Italien,
worauf ein in Mailand gemaltes Bildniss des nachmaligen Herzogs
von Leuchtenberg seine Berufung als Hofmaler nach München ver-
anlasste (1820). Berührt von dem Einfluss Cornelius" vermochte er
zwar seine alte Schultechnik abzustreifen, ohne jedoch den idealen
Bann brechen zu können, der in der Zeit lag. Schön sind seine
Bildnisse daher immer, aber immer fehlt ihnen die charakteristische
Schneide und individuelle Bestimmtheit. Er schien dazu gemacht,
bräutliche Prinzessinnen darzustellen, Welchen die nymphenartige
Idealschönheit ebenso entsprach, wie deren fürstlichen Erwerbern.
Das männlicheBildniss dagegen ist liebenswürdig gewinnend, jedoch
nur selten männlich, da das Höchste, was der Künstler an Aus-
druck anstrebte, oder zu erreichen vermochte, jener war, der aller-
dings zumeist auch dem männlichen Modell und selbst einem Goethe 1')
eignete, nemlich der Ausdruck der Eitelkeit.
Stieler's jüngere Münchener Zeitgenossen Fr. Dürk, geb. 1809
zu Leipzig und J. Bernhardt hatten Wenigstens das Verdienst des
ersteren zartes Colorit durch eine kräftigere und ernstere Farbe zu
ersetzen, wie es auch A. Gräfle aus Freiburg (geb. 1809), einem
Schüler Schnorns, E. Heuss, geb. zu Mainz 1808 und namentlich
Stieler's berühmtestem Schüler, F. X. mnterhalter (1803 in S. Blasien
im Schwarzwalde geb., 1' 1873 zu Frankfurt) freilich unter dem
Einfluss von Paris, (seit 1834) gelang.
Weniger hatte man in Wien, wo die trefflichen Porträtisten
M. M- Dafßnger, geb. 1790 zu Wien, J. Krielmber, geb. 1800 da-
selbst und Fried. Amerling, geb. 1803, wirkten, mit der idealen
Richtung zu kämpfen, da dieselbe überhaupt erst spät dort eine
hervorragende Stellung erlangte. Unterstützt von der in der lebens-
lustigen Kaiserstadt früher als in München erwachten Neigung zum
Genre und damit zur unmittelbaren Naturwahrheit, vermochte das
fürstlicher
Mit einer grossen Zahl
Pinakothek in München.
Damenbildnisse
unter
den Porträts
der