augübte, Und wer hätte nicht, als 1869 das Münchener Akademie-
gebätude gleichzeitig in separaten Ausstellungen Kaulbaclrs Peter
Arbues und Schwinds Melusine dem Kunstfreunde darbot, der
letzteren freudigen Herzens den Vorzug gegeben. Ich wage es aus-
zusprechen, dass kaum je ein Dichter einem Märchen eine vollendetere
Form zu geben gewusst, als es unser Maler mit dem Stifte ver-
mochte. Die zutrauliche und keusche Naivetät der Erfindung, die
trotz üppiger Gesundheit stets so anmuthigen Formen in ihrem
bestimmten Umriss und selbst die leichtduftige Aguarellirung stimmen
wunderbar zu dem Märchencharakter, Welcher niemals zu viel Realität
in Form und Farbe wird ertragen können. Dafür hatte sich der
Künstler offenbar hinsichtlich der eigenen Befähigung getäuscht, wenn
er von den Wartburgbildern Veranlassung nahm, nun auch in der
deutschen Kaisergeschichte sich nach Stoffen umzusehen, wie denn
vKaiser Rudolplrs Ritt zum Graben trotz einzelner bedeutender
Schönheiten mit Recht kalt liess. Auch seine Tafelmalereien für den
Münchener Frauendom t) liessen in dem Bestreben memlingisch oder
burgkmaierisch zu archaisiren, den eigenen Genius nicht zum Durch-
bruch kommen. Mehr die Apsidenrnalereien und besonders die
Stationen der Reichenhaller Pfarrkirche, deren edle und auf wenige
Figuren sich beschränkende Einfachheit diesem vielverlangten und
durch Massenproduktion sehr zurückgekommenen Cyklus, wenn mehr
bekannt, ebenso vortheilhaft sein würde, wie die Musterarbeiten
Overbecks Auf alle Fälle fesselte ihn, den enthusiastischen Musik-
freund, der Auftrag, Loggia und Foyer des neuen Wiener Opern-
hauses mit Opernscenen zu schmücken ungleich mehr, als die Be-
stellung von Glasgemäldecartons für Glasgow und London, wenn auch
nicht verhehlt werden kann, dass selbst jene schönen Schöpfungen
hinter den Sagen und Märchen von seiner Hand zurückblieben.
Noch hatte indess das Alter keinen Einfluss auf den rüstigen Künstler
geäussert, als er mitten im eifrigsten Schaffen von einem organischen
Uebel hiniveggeraüt wurde (1871). Mit ihm war einer der besten
Träger der idealen Kunst Deutschlands, welche in den greisen Künstler-
heroen Cornelius, Overbeck, Schnorr und Kaulbach bis in die
unmittelbare Gegenwart herab wirkten, hinübergegangen.
Dass auch er allmälig vereinsamte, liegt in der gesanmlten
wie
An den Flügeln des Hochaltars
Reber, Kunstgeschichte.
der beiden Altäre
an
den Chorstufen.
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