Sechstes
Oapitel.
Die
H
storienmalerei
in
Prag-
u n d
Wien.
Kann schon in Berlin nicht mehr von einer selbstständigen
und schulebildenden Entwicklung der historischen Kunst gesprochen
werden, so ist diess auch in den übrigen deutschen Mittelpunkten
künstlerischer Thätigkeit der Fall. Fast überall sehen wir den Impuls
von einer der beiden geschilderten deutschen Kunstschulen, von
München oder Düsseldorf, die ihre Ableger dorthin verpflanzen, aus-
gehen, so dass die meisten Akademien als Filialen der beiden
genannten zu betrachten sind. Dass dabei die südlichen Städte über-
wiegend unter dem Einflüsse der römischen Pflanzschule und Mün-
chens, die mitteldeutschen dagegen mehr unter Hauptern stehen,
Welche von Düsseldorf entsendet wurden, und dass ausserdem örtliche
und selbst confessionelle Verhältnisse für die spezielle Richtung nicht
ohne Bedeutung sind, versteht sich von selbst; doch ist das Missions-
gebiet Düsseldorfs räumlich ausgedehnter als das Münchens, Wie denn
selbst Dresden und Karlsruhe noch als Zweige der Düsseldorfer
Pflanzstätte sich darstellen. Erscheint diess auf den ersten Blick
befremdlich, weil die grösseren Meister dem Münchener Kreise an-r
gehören und die künstlerische Bedeutung des Hauptes der Düssel-
dorfer Schule, W. Schadow's gewiss nicht mit der eines Cornelius
sich vergleichen darf, so findet es doch seinen Grund und Seine
Berechtigung in dem Umstande, dass trotzdem die Schulentwicklung
Düsseldorfs eine entschieden umfassendere gewesen ist als wir sie