grossen Cinquecentisteil vermochte jedoch ebensowenig wie der Ein-
fluss des nazarenischen Altmeisters Overbeck die festgewurzelte
Schulrichtung mit ihrer überwiegend dem Naturvorbild zugewandten
Tendenz wie die Eigenart des Künstlers selbst ganz zu verdrängen,
wenn er auch nach vierjährigen italienischen Studien eine etwas
strengere Haltung zurückbrachte, die einerseits den Meister vor
Ausartung in sentimentale Weichheit und lyrisches Verschwimmen
bewahrte, anderseits aber weder das Gepräge ascetischer Formunlust
noch copistischen Anlehnens an ältere Meister an sich trug. Als
daher im Herbst 1343 die Freskoarbeiten selbst begannen und bis
1851 in abgeschlossener Hingebung gefördert wurden, hatten die
schönen Rheinufer ein wahres Schatzkästlein neuer religiöser Kunst,
die Düsseldorfer Schule aber in diesem Gebiete den ersten Rang
unter den deutschen Kunststätten gewonnen f).
Ist früher die Harmonie der baulichen und farbigen Gestaltung
der Münchener Allerheiligenkirche gerühmt worden, so gebührt dieses
Verdienst in nicht geringerem Grade der Apollinariskirche. Wie
jedoch jene Kapelle nach dem Willen des Erbauers ein archaistisches
Gepräge, dem H. Hess in der byzantinisch-giottesken Auffassung
seiner dortigen Gemälde in bewundernswerther Weise zu entsprechen
verstand, nicht verkennen lässt, so ist hier der moderne Charakter
in Bau und Malereien im besten Sinne des Wortes zur Geltung
gebracht. Dass der Vorzug der letzteren Richtung gebühre, muss
eine gerechte und von archäologischen Liebhabereien freie Beurthei-
lung einräumen, wenn wie hier der moderne Geist dem Inhalte keinen
Eintrag thut. Dass man aber zu weit ging, wenn man dem neun-
zehnten Jahrhundert und dessen künstlerischer Darstellungsweise die
Möglichkeit einer wahren und stylvollen, d. h. nach Inhalt und Form,.
Denken und Wiedergabe harmonischen christlichen Kunst absprach,
konnte Verfasser dieses Angesichts des Degefschen Cyklus mehr als
sonst irgendwo empfinden.
Eine mittlerweile erfolgte Berufung Degens an die Münchener
i
x) Von Deger gemalt sind in der Apollinariskirche nach der Reihenfolge
ihrer Entstehung: die Kreuzigung Christi, Christus am Oelberg, die Geisselung,
die Dornenkrönung, die Kreuzschleppung, die Colossalgestalt des Erlösers mit
Maria und Johannes Bapt. den Erzvätern und Propheten im Chor, die Aufer.
Stehung, unhefleckte Empfängniss, der h. Joseph und die Geburt Christi.