zösischen Nation als in dem Fehlen eines einheitlichen Machtgebotes,
durch welches in Frankreich nicht die Nation, sondern König Franz I.
der Renaissance-Architektur den Boden ebnete. Denn in den übrigen
Künsten gingen die Deutschen den westlichen Nachbarn in modernem
Geiste eher voraus, indem sie ohne der direkten Herbeiziehung von
Italienern zu bedürfen, in der Malerei wie in der Plastik ihre zeit-
gemässen Meister besassen. Wäre z. B. Holbein durch Berufswahl
und durch fürstliche Aufträge in die Lage gekommen zu bauen statt
zu malen, und die architektonischen Ideen, Welche er decorations-
weise an Gemälden oder selbst an Häuserfagaden anbrachte welches
letztere Verfahren auch in der Form des Sgraffito übrigens das ganze
16. Jahrhundert hindurch im Schwung blieb constructiv herzu-
stellen, so würde Deutschland an ihm unfehlbar einen grossen Re-
naissance-Architekten und Bahnbrecher der neuen Richtung zu ver-
ehren haben. Ebenso dürfte Peter Vischer, wenn ihn nicht die Oert-
lichkeit seiner Werke genöthigt hätte, die ihm geläufigen Renaissance-
Forruen gothischem Gerüste unterzL10rd11e11, wie wir diess an dem
Grabdenkmal in der Sebalduskirche finden, davon sicher freien und
umfassenderen Gebrauch zu machen befähigt gewesen sein. Zeigt
ja die deutsche Kleinkunst wie das Kunsthandwerk aus der ersten
Hälfte des '16. Jahrhunderts überall, wo der Zusammenhang mit der
bestehenden Architektur nicht hemmend dazwischen trat, oft über-
raschende Vertrautheit mit den italienischen Architekturformen jener
Zeit, und zwar diese mit einer sprudelnden Leichtigkeit, Sicherheit
und Originalität verwendet, welche es nur bedauern lassen, dass
sich keine Gelegenheit zur entsprechenden monumentalen Ausführung
jener Ideen ergab. Die deutsche Renaissance sah sich daher ge-
nöthigt, ihre Knabenzeit in der Stube zu verbringen, wuchs jedoch
hier fröhlich und gesund auf in heiterem Spiele mit dem Schnitz-g
messer, Modellirstab, Hammer und Meissel, alhnälig die Wände und
Decken im neuen Geiste mit Getäfel überziehend, die Ecken mit
herrlichen Kachelöfen verzierend, die Schränke zu phantaStiSChEin
Schlössern umbildend, Consolen und Stellbretter aber beSetZend mit
wunderbaren Geschirren und Prunkgeräthen in Metall oder Thon.
Nur schüchtern wagte sich die neue Kunst ins Freie; ein Portal oder
Erker verrieth zuerst die Geheimnisse des Innern, selbst nur selten
in Einklang gebracht mit der übrigen äussern, der Weise der Väter
getreu gebliebenen Architektur.