Weil aber im entschiedenen Gegensatze zur Münchener Schule
die Oelmalerei als die vorherrschende Technik betrachtet und die
technische Seite der inhaltlichen wenigstens gleichgestellt ward, so
begreift sich leicht, dass die eklektische Tendenz der Schule ihr
Augenmerk besonders auf jene unter den italienischen Malerschulen
richtete, welche dem Colorit in erster Linie gehuldigt hatte, neinlich
auf die venetianische. Wie die sikyonischen Chrestographen die
Enkaustik erfunden, so haben die Düsseldorfer die venetianische
Technik gleichsam wieder einzuführen gesucht, welche auf grau in
grau hergestellter Untermalung mit daraufgesetzten Lasuren beruht
haben sollt). Mehre Jahre lang überwog in der That die Cultivi-
rung und Weiterentwicklung dieser Neuerung, somit das rein Tech-
nische, das eigentlich artistische Interesse, und es ist nicht zu leugnen,
dass viele Erfolge der Düsseldorfer diesem Umstande zu danken sind.
Sie führte indess den nicht zu unterschätzenden Vortheil mit sich,
dass man dadurch zu gesteigertem Bestreben angeregt ward auch
in jeder anderen formalen Hinsicht dem errungenen Vortheile gleich--
zukommen, und dass der Düsseldorfer Boden dadurch wesentlich
vorbereitet ward, in der folgenden Periode der Realistik und Coloristik
doppelte Früchte zu tragen. Schadow konnte sie noch sehen und
trotzdem, dass er sich frühzeitig in Folge zunehmender nazarenischer
und propagandistischer Gesinnung mit den weiteren Fortschritten in
einseitige Opposition stellte, 1862 den Ruhm mit sich in's Grab
nehmen, doch durch die von ihm begründete Schulrichtung den Weg
zur neuesten Kunst mit gebahnt zu haben.
Die Einflüsse aus dem Lustrum des Cornelius-Direktorats, mit
welchen Schadow etwa zu rechnen gehabt hatte, waren kaum nennens-
werth. Der treffliche Professor G. J. J. Mosler, geb. 1788 zu
Coblenz, Cornelius Jugendfreund und Gehülfe bei Einrichtung der
Düsseldorfer Akademie, hatte schon vor Schadow's Ankunft der aus-
übenden Kunst entsagt und sich der Kunstwissenschaft, den Kunst-
vereinsangelegenheiten und dem Handzeichnungs- und Kupferstich-
kabinet gewidmet. Auch der wackere Inspektor J. VWntergerst trat,
Schadow stellte für die sog. venetianische Manier ein Probestück in seiner
Herodias mit dem Haupte Johannis (1842) auf. Die Entdeckung ist jedoch schon
von Anton Dräger (einem Schüler Kügelgens, 1' 1833) gemacht und von dem
Architekten R. Wiegmann 1835 in Düsseldorf importirt worden.