nicht genügend in ein Gemälde übertragen worden. Die helle Hal-
tung, hervorgerufen durch zu unkräftige, meist farbige Schatten, gab
dem Ganzen eine unerquickliche Eintönigkeit der gelblichrothen
Fleischtöne wie des blauen Grundes. Allein der kunstsinnige König
und das maassgebende Publikum hätte doch die farbige lnscenirtmg
nicht so überwiegend in's Auge fassen sollen, dass man darob die
grossartige Conception, gediegene Gomposition, mächtige Zeich-
nung, Modellirung u. s. w. beinahe übersah. Man hätte namentlich
gerade an dem gewaltigen xDlOS iraea, den der Meister in einfacher
Grossheit an die Wand geschrieben und den er nicht, wie vordem
Rubens in's Gebiet einer fast frivolen Realität ziehen wollte, das
Coloristische und Decorative nicht in erster Linie betonen sollen.
Cornelius hatte den Standpunkt höher genommen und in seinem
Schaffen vergessen, dass andere sein Werk mit anderen Augen sehen
würden, als seine geistigen waren. Er wollte seine erhabenen Ge-
danken, die majestätische Herbigkeit seiner Idee nicht beeinträchtigen
durch eine Zuthat, die ihm für das Reich der Geister zu profan
schien, und lebte sich so in den grossen Gegenstand selbst hinein,
dass er des Gemäldes im engern Sinne und der Wirkung desselben
als solchen vergass. Niemand wird behaupten wollen, dass jener
Meister zurückging, der was wohl selten sein vollendetstes
Werk erst im Greisenalter geschaffen; und doch sind schon seine
Bartholdyfresken anziehender gemalt als sein jüngstes Gericht. Oder
sollte es dem an der Freskotechnik gemangelt haben, der sie der
Welt eigentlich wieder gelehrt und fast ausschliesslich geübt hat, der
in der Glyptothek bei seinen wie seiner Gehilfen Arbeiten so viele
Gelegenheit zur Ansammlung von Beobachtungen -und Erfahrungen
gehabt und es in der That dort auch nicht an Versuchen hatte
fehlen lassen, nach dieser oder jener Weise weiter zu gehen. Kurz,
die coloristische Behandlung des jüngsten Gerichtes war bewusst
und gewollt, fusste auf den michelangelesken wie altitalienischen
Vorbildern und sollte in keuscher Entsagung allen Sinnenreizes mit
dem Gegenstande im Einklang stehen, in den er sich mit gläubiger
Begeisterung versenkt hatte. Ihm war das jüngste Gericht nicht wie der
Mehrzahl der modernen Beurtheiler lediglich ein Gemälde, sondern eine
Vision, an welcher er als Christ und Künstler gleichen Antheil hatte.
In Hinsicht auf die Composition und Zeichnung aber hat
manchem Auge die hier auftretende Formgebung etwas starres und