gewöhnliche Gunst noch nicht so ganz entzogen, dass er nicht gele-
gentlich dessen Gutachten erholte und seinen Empfehlungen Gehör
gab. So hatte er u. A. dem Architekten F. Gärtner nicht bloss
besondere Aufmerksamkeit geschenkt, sondern ihm mit dem Auftrag
der Erbauung der Ludwigskirche eine Thäitigkeit eröffnet, welche
bald an Umfang derjenigen Klenze's beinahe gleichkam. Konnte
der Künstler im Allgemeinen erwarten, dass sein Verhältniss zu
diesem als durch sein Fürwort erhobenen, ihm überdiess befreun-
deten Architekten bei gemeinsamen monumentalen Schöpfungen sich
erquicklicher gestalten würde, als es mit Klenze möglich war, so
bestimmte ihn der Entschluss des Königs, die eben geplante Lud-
wigskirche durch ihn ausmalen zu lassen, den Gedanken an ein
Verlassen Münchens wieder aufzugeben. Der König war ja damit
einem Lieblingswunsche des Künstlers entgegengekommen, mit welchem
sich dieser seit mehren Jahrzehnten getragen hatte, der ihm über-
diess von Haus aus weit näher. lag, als das homerische Epos und
der Olymp, zu welchem er aus freier Wahl wohl niemals gekommen
würe. sich bin christlicher Malerc, sagte er eines Abends im Früh-
jahr 1861 in den düstern Räumen des Palazzo Poli in Rom zu dem
Verfasser dieses Buches wund stehe dem classischen Alterthuiu ferne;
ihm habe ich in der Glyptothek für immer genug gethanat Nur
eine solche Aufgabe konnte ihn noch an München fesseln; sie erfüllte
ihn aber auch mit solchem Entzücken, dass er alle Kränkungen und
Widerwärtigkeiten vergass oder verzieh, um sich ihr Widmen zu
können. Er glaubte namentlich, dass ihm die Anordnung im wei-
testen Umfang überlassen sein werde und schwelgte in dem Gedanken
an die Gelegenheit, eine gemalte Divina Comedia, von der er schon
immer geschwärmt, verwirklichen zu können. aNIJH tritt mir die
himmlische Geliebte als Braut in aller Schönheit entgegen. Welchen
Sterblichen soll ich nun noch beneiden? Das Universum öffnet sich
vor meinen Augen. Ich sehe Himmel, Erde und Hölle; ich sehe
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; ich stehe auf dem Sinai"
und sehe das neue Jerusalem; ich bin trunken und doch besonnen.
Alle meine Freunde müssen für mich betenat). Doch schon im
Sommer musste er erfahren, dass der König, vielleicht um der Arbeit
3.11
Emilia
Linder
in
Basel
20. Januar
VOlTl
1829.
Förster