Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

gewöhnliche Gunst noch nicht so ganz entzogen, dass er nicht gele- 
gentlich dessen Gutachten erholte und seinen Empfehlungen Gehör 
gab. So hatte er u. A. dem Architekten F. Gärtner nicht bloss 
besondere Aufmerksamkeit geschenkt, sondern ihm mit dem Auftrag 
der Erbauung der Ludwigskirche eine Thäitigkeit eröffnet, welche 
bald an Umfang derjenigen Klenze's beinahe gleichkam. Konnte 
der Künstler im Allgemeinen erwarten, dass sein Verhältniss zu 
diesem als durch sein Fürwort erhobenen, ihm überdiess befreun- 
deten Architekten bei gemeinsamen monumentalen Schöpfungen sich 
erquicklicher gestalten würde, als es mit Klenze möglich war, so 
bestimmte ihn der Entschluss des Königs, die eben geplante Lud- 
wigskirche durch ihn ausmalen zu lassen, den Gedanken an ein 
Verlassen Münchens wieder aufzugeben. Der König war ja damit 
einem Lieblingswunsche des Künstlers entgegengekommen, mit welchem 
sich dieser seit mehren Jahrzehnten getragen hatte, der ihm über- 
diess von Haus aus weit näher. lag, als das homerische Epos und 
der Olymp, zu welchem er aus freier Wahl wohl niemals gekommen 
würe. sich bin christlicher Malerc, sagte er eines Abends im Früh- 
jahr 1861 in den düstern Räumen des Palazzo Poli in Rom zu dem 
Verfasser dieses Buches wund stehe dem classischen Alterthuiu ferne; 
ihm habe ich in der Glyptothek für immer genug gethanat Nur 
eine solche Aufgabe konnte ihn noch an München fesseln; sie erfüllte 
ihn aber auch mit solchem Entzücken, dass er alle Kränkungen und 
Widerwärtigkeiten vergass oder verzieh, um sich ihr Widmen zu 
können. Er glaubte namentlich, dass ihm die Anordnung im wei- 
testen Umfang überlassen sein werde und schwelgte in dem Gedanken 
an die Gelegenheit, eine gemalte Divina Comedia, von der er schon 
immer geschwärmt, verwirklichen zu können. aNIJH tritt mir die 
himmlische Geliebte als Braut in aller Schönheit entgegen. Welchen 
Sterblichen soll ich nun noch beneiden? Das Universum öffnet sich 
vor meinen Augen. Ich sehe Himmel, Erde und Hölle; ich sehe 
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; ich stehe auf dem Sinai" 
und sehe das neue Jerusalem; ich bin trunken und doch besonnen. 
Alle meine Freunde müssen für mich betenat). Doch schon im 
Sommer musste er erfahren, dass der König, vielleicht um der Arbeit 
3.11 
Emilia 
Linder 
in 
Basel 
20. Januar 
VOlTl 
1829. 
Förster
	        
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