Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

fesseln durch einfache schlichte Wahrheit und Grossheit. Für uns 
sind die Niederländer Bildner dieser Zeit darum hochbedeutend, weil 
sie zugleich als die Träger der deutschen Plastik ihres Jahrhunderts 
erscheinen. Denn wir finden sie an mehren deutschen Iclöfen in 
ausgedehnter "Fhätigkeit, ja sogar als Leiter der Schöpfungen kunst- 
liebender Fürsten. 
Ohne hier auf die Betrachtung der englischen Plastik dieser 
Periode einzugehen, welche ebenso wie die Malerei seit Holbein nur 
eine ganz untergeordnete Stelle einnimmt, wollen wir suchen, den 
Antheil Deutschlands an den Kunstbestrebungen des 17. Jahr- 
hunderts auch für die Bildnerei uns klar zu machen. Man pflegt 
gewöhnlich die nürnberger Bildnertrias A. Kraft, V. Stoss und 
P. Vischer der deutschen Malertrias Dürer, Holbein und Cranach an 
die Seite und an die Spitze der Renaissanceplastik Deutschlands zu 
stellen. Allein hierauf hat nur Vischer ein unbedingtes Anrecht; 
die beiden anderen Künstler reihen sich passender an den Schluss 
des Mittelalters und sind daher ganz ohne andauernde Nachfolge. 
Auch P. Vischer ringt sich erst tlieilweise und allmälig wie Dürer 
aus den zähen Banden seiner Zeit los, selbst nicht im Stande, eine 
bleibende Nachwirkung zu hinterlassen. Wenig mehr als eine Ge- 
neration nach dem Meister versiegt der eine Zeit lang durch ganz 
Deutschland sich erstreckende Ruhm seiner Giesshütte, indem man 
bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begann, Auslän- 
der, Italiener und in Italien gebildete Niederländer für hervorragende 
plastische Arbeiten nach Deutschland zu ziehen. Schon an dem 
grossen Kaisergrab Maximilians I. in Innsbruck, zu welchem Vischer 
selbst noch einen Beitrag liefern konnte, war ein Niederländer, Alexan- 
der Colins aus Mecheln, derselbe, welcher gleichzeitig allen plastischen 
Schmuck des Otto-Heinrichbaues zu Heidelberg herzustellen beauf- 
trag-t wurde, thätig, während der schon genannte Quellinus seine 
Thätigkeit bis Berlin erstreckte. Ebenso arbeiteten an dem Denkmal 
des Ghurfürsten Moritz im Dom zu Freiberg Niederländer, während 
die mit jenem Monumente in Verbindung gebrachten Erzbilder im 
Chor des Domes von dem Venetianer Pietro Boselli ausgeführt wurden. 
Die einheimischen Künstler wurden zumeist ihren Kräften entspre- 
chend zu untergeordneteren Arbeiten verwendet, oder mussten sich 
unter die Leitung der Ausländer stellen, 'wie der Erzgiesser Wolf 
Hilger in Freiberg, B. Wurzelbauer in Nürnberg. Wohl nur aus-
	        
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