Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

noch weniger der von Förster gemalte Antheil und das vorüber- 
gehende Eingreifen Kaulbach's; höchstens eine Abnahme des reichen 
Ornamentes dürfte seit Förster's Rücktritt zu bemerken sein. Ist 
nun freilich unleugbar, dass bei dem Gedanken an die raphae- 
lischen Schöpfungen das etwas Mühsame und Gesuchte, die Härte 
der Stellungen und Bezüge unangenehm berühren, ebenso das Un- 
harmonische des Colorits, so ist doch unbedingt die gewiss bedeu- 
tende Arbeit unterschätzt worden, Welche an sich und ohne den 
gefährlichen Vergleich mit Raphael alle Achtung verdient. Aller 
darauf verwandte und Wirklich bewundernswerth hingebende Fleiss 
aber vermag die Ungunst des Raumes nicht zu besiegen, welcher 
trotz der vier grossen und figurenreichen Gemälde, die jedoch nicht 
die Hälfte der Wände bedecken und die Decke völlig leer lassen, 
in seiner erschreckenden Kahlheit natürlich ungünstig auf die Gemälde 
zurückwirkt, wie immer ungenügende Architektur auf die ihr dienende 
Schwesterkunst. t) 
Ein noch ungünstigeres Geschick waltete über einem zweiten 
Unternehmen, dem jüngsten Gericht für die Decke des Assisensaales 
zu Coblenz, welches Stilke und Stürmer unter Beihülfe von Anschütz 
übertragen war. Denn schon der Vollendung nahe, wurde die Arbeit, 
vielleicht wegen des in den Himmel versetzten Luther, angeblich 
aber aus akustischen Gründen, eingestellt und verdeckt, und wohl 
schwerlich später (1842) wieder von der Verschalung befreit und 
vollendet  denn sie ist jetzt dergestalt vergessen, dass der Ver- 
fasser 1872 im Gerichtsgebäude Niemand finden konnte, der darüber 
auch nur die geringste Auskunft zu geben vermochte. Die erste 
Privatbestellung gerieth sogar schon bei den Anfängen wieder in's 
Stocken. Der Reichsfreiherr v. Stein wünschte nernlich einen Saal 
seines Schlosses zu Cappenberg mit historischen Fresken auszustatten, 
Stilke hatte aber erst einen Carton vollendet, als der edle Besteller der 
Verzögerung müde, seinen Plan änderte. Von den Fresken , die 
Baron Plessen für sein Schloss bei Düsseldorf verlangt hatte, wurden 
zwei vollendet, Apoll unter den Hirten und das Urtheil des Midas, 
gemalt von Röckel und App, während die Bestellung des Grafen 
Spee für Heltorf bei Düsseldorf zunächst wieder suspendirt wurde, 
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311i) 
Die Cartons der Gemälde befinden sich in der Kunsthalle zu Carlsruhe. 
Hagen, Die deutsche Kunst in unserem Jahrhundert. Berlin 1857. I. 199.
	        
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