Französische Plastik
und
Architektur.
Romantik Englands.
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an das Verblühen des Classicismus die Neubelebung der französischen
Renaissance sich ohne Unterbrechung anschloss. In Hinsicht auf archäo-
logische Erforschung und Restauration des Vorhandenen zwar wurde
in Frankreich so viel und selbst noch mehr geleistet, als irgendwo,
wofür die berühmten Namen der Vertreter dieses Wissenschafts-
zweiges und der Restauratoren, vorab E. Wollet-le-Dzrc, dann Lassus
und Uaumont anzuführen genügen dürfte. Zu wirklichem Leben
aber war die Romantik in der Architektur nicht zu erwecken, und
es ist bezeichnend für die Verhältnisse, dass ein geborner Deutscher,
Gnu, aus Cöln zum Bau der Kirche S. Clotilde, des bedeutendsten
neugothischen Werkes in Paris und Frankreich, berufen ward. Mit
der romantischen Bewegung und deren Zeitalter hängen jedoch solche
vereinzelte Schöpfungen überhaupt nicht mehr zusammen.
Werfen wir schliesslich noch einen Blick auf die übrigen Länder
Europas, so mag es vielleicht am merkwürdigsten erscheinen, dass
die englischen Maler trotz der grossen Vorliebe, welche britische
Kunstfreunde den deutschen Romantikern und deren Schöpfungen
entgegen brachten, und trotz der zahlreichen feudalen Reminiscenzen,
welche die Inseln jenseits des Canals darbieten, von der ganzen
Richtung mit Ausnahme der Stiminungslandschaft so wenig berührt
wurden, dass sie nicht einmal in der Nachahmung der deutschen
Vorkämpfer sich versuchten. Es erklärt sich dies indess vorzugs-
weise in dem Mangel an monumentaler Befähigung der Britten,
während doch der Zug der romantischen Malerei vorwiegend auf's
Monumentale ging. Dieser Mangel aber erscheint, dadurch bedingt,
dass der englische Cult die religiöse Malerei, welche er einige Jahr-
hunderte früher sogar rausam verfolgte, auch in toleranteren Zeiten
keineswegs ermuthigte und beschäftigte, und dass das Königthum
selbst im Gegensatz zu dem französischen in seinem Auftreten einen
mehr privaten Charakter hatte. Dadurch wurde der englischen Kunst,
welche übrigens die bedeutendsten Kräfte, die sie je besass, vom
Auslande bezog, eine fast ausschliessend häusliche und Cabinetskunst,
die über Porträt, Genre, Landschaft, Thierbild und Stillleben nicht
leicht hinaugglllg und desshalb mit besonderer Vorliebe die ihr an-
gemessenste Technik, das Aquarell, lytlegte.
Plastik aber schien in England während der Periode der Roman-