Cornelitis, mit Overbeck verglichen worden, welchem er übrigens in
manchem Betrachte überlegen erscheint. Seiner Schule entsprechend
war er gleichfalls während seiner römischen Studien bemüht, in den
Geist der Antike und Raphaels einzudringen; allein eine anders an-
gelegte Natur als sein Meister und bei vielleicht etwas geringerem
Formensinn mit einer Empfindung und religiösen lnnigkeit ausge-
stattet, wie sie jenem fehlte, musste er auch den Unterschied bald in
seinen WVerken geltend machen. Schon sder h. Clarusk und wChristus
die Kiiidieiii Segiiellflsif) liessen bei Einsichtigeren darüber keinen
Zweifel; als er aber in seinen Wandmalereien der Johanneskapelle
von S. Severin in der einfachen Feierlichkeit der Anordnung auf
die Präraphaeliten zurückging, ja selbst Giotto als Vorbild nicht
verschmähte, da musste die Abweichung allgemein auffällig werden.
Seinen Höhenpunkt erreichte er jedoch erst mit der Ausmalung des
Chors der Kirche S. Germain-des-Pres, wo er in dem Einzug Christi
in Jerusalemtkt") ein Werk schuf, das zwar in manchem Bilde an
Overbeck's Schöpfungen zu Lübeck gemahnt, diese aber wenn auch
nicht an Innigkeit des Gemüthes, so doch an geschulter Formschön-
heit entschieden übertrifft.
Nicht beschränkt auf einen fertigen, ein für allemal aus einer
gewissen Schule abstrahirten Styl wie Overbeck war Flandrin auch
befähigt (und darin zeigt er einige Verwandtschaft mit H. Hess) der
jeweiligen Architektur, welche zu schmücken er berufen wurde, styl-
gemässe Rechnung zu tragen. So hatte er bei Ausmalung der neuen
Basilika S. Paul zu Nimes sich den alten Florentinern und Sienesen
genähert, bei den Apsidenmalereien der romanischen Abteikirche von
Ainay bei Lyon sogar der ravennatischen Weise. Wie Wunderbar er
es aber verstand, die jeweilige Styleigenthümlichkeit von1 Standpunkte
des modernen Kunstvermögens der Ingresschen Schule und seiner
eigenen künstlerischen Weise aus aufzufassen, zeigen namentlich die
Heiligenreihen an den Langswänden von S. Vincent de Paul, welche,
obwohl hiezu die Anregung von der Basilika S. Apollinare nuovo
zu Ravenna gekommen, ,in der Durchführung eine Wahrhaft clas-
sische Formschönheit entfalten, so dass man sie mit dem Panathe-
näenfries des Parthenon verglichen hat. Dabei erscheint die letztere
Das erstere Bild in der Kathedrale
Gest. v. Soumy und Poncet.
R e h e r, Kunstgeschichte.
ZU
a
N antes,
zweite in Lisieux.
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