Künstler innerlich erfasst, dass sie, wenn auch fühlbar, doch nicht
den Eindruck von entlehntem und unharmonischem Stückwerk
machen, wozu bei weniger Meisterschaft und Beherrschung des
Studiums die Gefahr so nahe lag. Von ähnlicher Vollendung sollen
auch die in gleich langen Zeiträumen ausgeführten übrigen religiösen
Werke des Meisters sein, eine die Hostie anbetende Madonna
(1841Yk) und der zwölfjährige Jesus im Tempel, den er in hohem
Greisenalter in ungeschwächter künstlerischer Kraft schuf (vollen-
det
_Wie sein Zeit- und Ruhmesgenosse Cornelitis das religiöse Ge-
biet nicht als sein ausschliessendes Feld, sondern lediglich als einen
hervorragenden Zweig seiner monumentalen Thätigkeit betrachtend,
liess er diese Werke mit anderen wechseln, welche, was ihm schon
durch seine künstlerischen Ziele nahe gelegt wurde, vorzugsweise der
Antike entnommen waren. Darunter sind besonders sein sTll Marcellus
erisq , xStFEItOIIlKG, ihren von Liebe zu ihr entbrannten Stiefsohn
Antiochus besuchendrüwk) und die xApOihOOSQ HOIIIGFSK 1-) hervor-
zuheben. Lässt sich nun an diesen iigurenreicheren Compositionen
nicht finden, dass das dramatische oder lyrische Moment ebenso
gelungen sei, wie die reine Formschönheit, so darf man behaupten,
dass die lediglich um der letzteren willen entstandenen Einzelfiguren,
wie seine sVenus anadyomenea und-seine xQuellenymphec 11-) seiner
Kunst und Richtung entsprechender waren. .
Da von einer Romantik "im Sinne der Klosterbrüder von S.
Isidoro bei Ingres durchaus keine Rede sein konnte, waren auch
seine Schüler derselben nicht von vornherein zugeführt worden.
Allein der Gegensatz gegen den in Frankreich gleichzeitig auftreten-
den Realismus, der gewissenhafte Ernst der Formgebung, die strenge
Sorgfalt der Ausführung u. s. w. bildeten Anknüpfungspunkte genug,
von welchen aus eine Annäherung an die Overbeck'sche Richtung
möglich war, sobald die entschieden religiöse Tendenz die Brücke
schlug. Es ist desshalb auch der grösste Schüler Ingres', H. Flandrioz,
geb. 1809 zu Lyon, 1' 1864, mit etwas mehr Recht, als Ingres mit"
4') Im Besitze des Kaisers von Russland.
Durch Testament des Meisters nach Montauban
Beide von Pradier gestochen.
1') Im Luxembourg. Nr. 135.
TT) Ebenda Nr. 137 und 138.
gelangt.