Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

Berechtigung gekündigt und dem Gesannnteindruck der Landschaft 
auf das Gemüth, dem seelischen Rapport zwischen Natur und Be- 
schauer Eingang verschafft. Das musikalisch Lyrische, das die 
romantischen Dichter bis zur Krankhaftigkeit und Nebelhaftigkeit 
beherrschte, sollte auf die Landsehaftmalerei, welcher der epische 
und dramatische Charakter ohnehin ferner lag als dem Historienbild, 
übertragen werden. Was sollten da Linien und Formen, getreu 
durchgeführte Details, welche lediglich dem Formensinn und der 
Erkenntniss, nicht aber dem Gemüthe entgegenkommen! Es handelte 
sich nun vielmehr um Farbe und Lichtivirkung, wobei etwas U11ge- 
wisses und Dämmeriges den geheimnissvollen schwärmerischen Reiz 
nur erhöhen konnte. wWer wandelt nicht gerne im Zwielichte, Wenn 
die Nacht am Lichte und das Licht an der Nacht in höhere Schatten 
und Farben zerbrichttc ruft Novalis in seinem Heinrich von Ofter- 
dingen. An die Stelle bestimmten Erfassens ist das Ahnen getreten, 
an die Stelle intellektueller Thätigkeit die Erregung des Gemüthes. 
Es fühlt sich hier öde, traurig, schaurig, dort Wieder Wonnig und 
süss, je nachdem ein düsterer Ton oder ein sonniger vorherrscht, 
je nachdem winterliche Starre oder Frühlingsluft und Sommerivttrme, 
die Schatten und Nebel vorgerückter Abenddämmerung oder die 
Thaufrische des Morgens, Regengeivölk oder Sonnenschein uns ent- 
gegentritt. Die Formen der Landschaft haben dabei nur mehr unter- 
stützende Bedeutung, ja der Künstler sucht die einfachsten und an 
sich nichtigsten mit Vorliebe, um keinem anderen Interesse als dem 
des Gemüthes Spielramn zu gewähren, und um selbst seine Absicht 
am leichtesten und reinsten aussprechen zu können. 
In Friedriclfs Bahnen traten Dr. G. G. Carus, geb. zu Leipzig 
1739, 0- F- Oehme, gell- Zu Dresden 1797 und C. Richter, sämmtlich 
dem Programme huldigend, das Carus in seinen Aussprüchen über 
die Zukunft der Landschaftsmalereit) formulirt hatte. Mit dem 
grössten äusseren Erfolge aber J. Oh. Dakl aus Bergen in Norwegen, 
geb. 1788, seit 1818 in Dresden, der in seinen rheinischen Land- 
schaften, Brandungen, Fiorden, Wasserfällen, Schluchten, Mühlen u. s. w. 
passende Folien für seine meist düsteren Stimmungsbilder findet, 
freilich nicht immer der Klippe des stoftlichen Interesses wie des 
w 
Carus Briefe 
über 
die Landschaftsmalerei. 
Leipzig 1831. 
Aufl. 
1835.
	        
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