zu betrachten. Die beiden Schmalseiten des Saales mit den ent-
sprechenden Gewölbtrapezen sind dann den Einzelaventüren der zwei
Haupthelden gewidmet, die zur Linken denen Rolands, welchen die
Liebe zu Angelika, die er in den Armen eines Anderen (Medors)
gefunden, zur Raserei getrieben, und den zuletzt Astolf wieder zu
Verstande bringt, die zur Rechten den Schicksalen Rüdigers mit den
in dieselben verwebten Persönlichkeiten, während das Mittelfeld der
Decken die Hochzeit Rüdigers mit Bramante verherrlicht. Erscheint
damit die etwas chaotische Dichtung mit sgelehrteme Verständnisse,
wie der Marchese sich äusserte, gruppirt, so wird doch der Eindruck
des Reflectirten durch die naive Einfalt und Wahrheit der Darstel-
lung ganz fernegehalten. Mit wunderbarem Geschick weiss der
Künstler namentlich die anscheinende Ungunst der vieltheiligen Felder
der Gewölbebildung nicht blos zu überwinden, sondern so zu seinem
Vortheil zu kehren, dass die Festonumrahmung derselben weniger
durch die architektonischen Formen als vielmehr durch die Gebilde
selbst bedingt erscheint, so wenig erkennt man den Zwang, den die
unregelmässigen Felderformen auf die Composition ausgeübt, an der
letzteren selbst. Und trotz des gleichwohl unverkennbaren Einflusses
von Benozzo Gozzoli stellt sich alles so frei von aller Gebundenheit,
archaischen Härte und Studirtheit, so selbstverständlich und selbst-
erfunden dar, dass der Beschauer mit Behagen und ohne Studium
das Einzelne wie das Ganze zu geniessen und zu verstehen vermag,
durch sich selbst befriedigend auch für den, welchem der geschicht-
liche Vorgang nicht von vorneherein bewusst ist, als eine Romantik
in Bildern, wie jedes echte Kunstwerk auch ohne Worte im Allge-
meinen verständlich. Wer aber die Darstellung zu gehäuft und
gedrängt findet, der kennt ebenso wenig den gehäuften Reichthum
dieser Dichtung, wie derjenige eine Ahnung von den Anforderungen
der monumentalen Kunst besitzt, welcher die sinnliche Gluth ver-
misst, mit der Ariost nicht selten die Schranken der ritterlichen
Sitte in ihrer ursprünglichen naiven Reinheit überschreitet.
Doch ehe noch Schnorr zur Ausführung seiner Entwürfe schritt,
war derjenige schon von dem gemeinsamen Unternehmen zurück-
getreten, welcher die Seele der ganzen Unternehmung war, nemlich
Cornelius. Sein Wunsch, seine Kunst dem Vaterlande weihen zu
können, war mittlerweile nicht blos in Erfüllung gegangen, sondern
hatte zu einem förmlichen Wettkampf um seinen Besitz geführt.