der schmerzhaften Madonna, Mephisto ist geradezu scurrill in der
Walpurgisnacht. Zeichenfehler, Uebertreibungen, Ungleichheiten,
Härten, perspectivische Mängel überall. Doch anderseits welche
Wahrheit der Empfindung, Welche Originalität der Auffassung, welche
Energie der Gomposition und Formgebung! Keine Linie conventionell
oder unbestimmt, jeder Strich bewusst und bedeutsam. Nichts von
lediglich malerischen Effekten, überall ernste oft herbe Strenge, Ein-
fachheit und Concentration auf den Geist der Scene, so dass es fast
unbegreiflich erscheint, wie Goethe nicht empfand, was aus diesem
Anfang werden konnte und werden musste, wenn die Unbeholfen-
heiten sich abgestreift, die Härten sich gemildert, die Formen sich
geklärt hatten. Ja es möchte fast scheinen, dass sein anfangs nicht
absprechendes aber im Ganzen kalt höfliches Urtheilf) sich keines-
wegs hob, als er von der ungleich trefflicheren Fortsetzung, von
welcher eine der Perlen des Ganzen, Gretchen's Ohnmacht in der
Kirche, bereits Riesenfortschritte zeigt, Kunde gewann. Es ist schwer
verständlich, wie die wunderbar ergreifende (in Rom entstandene)
Composition Gretchen im Kerker ihn nicht näher laerührte, und
dass er noch 1816 die Zeichnungen von Cornelius und Retzsch auf
eine Linie stellen und sie als eine Art von Curiosa und als Experi-
mente bezeichnen konnte, adurch neuere Kunst das Andenken einer
älteren aufzufrischen, damit man, ihre Verdienste erkennend, sich
alsdann um so lieber zu freieren Regionen erhebeatr), ja dass er
sich sogar entschieden verdammend über die ganze Richtung aus-
spracht"). Der grosse Lobredner eines Hackert war noch zu
befangen in seinem obsoleten Kunsturtheile, aus welchem er erst
durch den Nibelungencyklus aufgerüttelt werden sollte.
Das von Wenner in Frankfurt für die vollendeten wie noch in
Rom herzustellenden Faustblätter bezahlte Verlagshonorar wie die in
gleichem Sinne für das Helwig-Fouquelsche Taschenbuch der Sagen
und Legenden gezeichneten Illustrationen boten endlich die Mittel
zur Ausführung der längst geplanten Studienreise nach Italien. Der
Künstler fühlte sich überglücklich, nun für einige Zeit der Brodarbeit
wie der ihm schlechterdings nicht gelingenden Porträts überhoben
L
Brief Goethe's an Cornelius v. 8. Mai 1811. Förster a. a. O. S. 80.
m") Annalen von 1816 (Ausgabe 1840 Band 27. S. 315.)
Sulpiz Boisseräe. Tagebuch. Stuttgart 1862. I. u. Sept. 1815. s. 275.
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