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Buch
lII.
Caly
Anfang.
Gornelius"
Langer ein günstiges Urtheil so wenig mögligh als eineln Goethe, er
musste diese Richtung als eine Verirrung perhorresciren.
Overbeck hatte sein Ziel in" seinem 21. Jalwe, als er sich nach
Rom begab, eigentlich schon erreicht, Wollen und Progamm wurzelte
fest in der religiösen Romantik, und mit der Gestaltung dieses hatte
die technische Ausbildung gleichen Schritt gehalten. Cornelius dagegen
hatte in seinem 26. Jahre, als er sich nach dem Tode der Mutter
1809 nach drückender Jugend aus den Banden der engeren Heimat
losmachte und sich nach Frankfurt wandte, seine Richtung noch
nicht bestimmt vorgezeichnet, hatte Formgebung und Technik noch
keineswegs in seiner Gewalt, war unklar und zerrissen, durch das
Urtheil seiner Zeitgenossen nicht gehoben und unreif in jeder Beziehung.
Seine grau in grau ausgeführten Evangelisten, Apostel und Cardinal-
tagenden im Chor des Domes zu Neuss f) gefielen so wenig wie seine
Porträts, da man die Formunrichtigkeiten nicht übersehen konnte,
und ebenso wenig hatten seine wiederholten Preisbewerbungen bei
den von den Weimarer Kunstfreunden ausgeschriebenen Concurrenzen
Erfolg gehabt. Woran es fehlte, erkannte er wohl selbst: aWir
haben den Kopf voll Phantasie, aber wir können's nicht machem;
die Hand versagte zur Verkörperung seiner Ideen den nöthigen
Dienst. Immer grösser aber wurde seine Abneigung durch Anschluss
an die akademischen Vorbilder diesem Mangel abzuhelfen. Denn es
beseelte ihn das Bewusstsein, dass er die Schwierigkeiten auf seine
eigene YVeise überwinden werde. Er findet mach genauer Selbst-
prüfung, dass er die Kunst auf einen ziemlich hohen Grad bringen
könntea, wenn er sich blos mit ihr beschäftigen dürfte, und seine
glücklichsten Ideen nicht schon in ihrer Geburt durch unwürdige,
den Künstlergeist abstumpfende Brodarbeit ersticken müsste. Manch-
mal erfüllt dann auch unaussprechliche Wonne sein Herz, wenn das
Gewölk seiner künstlerischen Unsicherheit sich zu lichten scheint.
Dann schreibt er an den Freund: wIch eile aus den begeisternden
Umarmungen der Kunst, um Dir in den Deinigen zu sagen, wie sehr
ich Dich liebe. Du verzeihst der Göttlichen, wenn sie Dir den
Freund eine Zeitlang raubt, um ihn Dir immer veredelter und besser
wieder zu geben. Meine letzten Sachen wirst Du sicher als meine
besten finden. O ich lebe jetzt wie in einer andern Welt, ganz
Von
1802.
Im
1865
Restauration
des
Innern übertüncht.