Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

übertraf er diesen auch an Reichthum seiner Phantasie, wie denn 
auch die Anregung zu der genannten Gruppe Overbeck's wltalia und 
Germaniak von einer schon 1808 in Wien entstandenen Zeichnung 
Pforr's ausging. 
Für ihn aber war um diese Zeit ansehnlicher Zuwachs und 
Ersatz in Rom angelangt, welcher jedoch mit den Klosterbrüdern 
in verschiedenen Zusammenhang trat. Schon ein Jahr nach Over- 
beck war Cornelius nach Rom gekommen und hatte mit ersterem 
einen innigen Freundschaftsbund geschlossen, jedoch ohne sich dessen 
Anschauungen ganz anzuschliessen, wie im folgenden Capitel dar- 
gestellt werden soll. Durch Cornelius War Wälh. Schadow, der Sohn 
des Bildhauers G. Schadow, geb. 1789, der frühzeitig in Potsdam 
durch Copiren alter Gemälde sich für die romantische Richtung vor- 
bereitet hatte und wie Overbeck i. J. 1810 mit seinem älteren Bruder 
Rudolph, dem Bildhauer, nach Rom gelangt war, dem Haupte der 
Klosterbrüder zugeführt worden. Doch scheint Overbeck's moralischer 
Einfluss (die beiden Söhne des Berliner Akademiedirektors wurden 
mit jenem katholisch) grösser gewesen zu sein als sein künstlerischer. 
Wie WV. Schadow's Phantasie, so war auch sein Formensinn schwach, 
und sein Augenmerk mehr auf Farbe und Technik gerichtet. Tüchtig 
im Bildniss, von welchem er seinen Ausgang genommen, war "er 
unfähig, aus seiner Phantasie Bedeutendes zu schaffen und konnte 
sich daher vom Modell kaum trennen. Seiner Stärke in der Modell- 
arbeit aber bewusst, rügte er es an den Genossen, dass sie das 
Naturstudium vernachlässigten, so dass sie, nwährend sie grosse 
Compositionen zeichneten, kein gutes Porträt herstellen könntena. 
Namentlich cultivirte er das Oelmalen, weil es gestatte, der warmen 
natürlichen Erscheinung um einen Grad näher zu rücken, als das 
kalte Fresco. Trotz der freundschaftlichen Verbindung mit Overbeck 
und dessen Kreise stand ihm daher Schick künstlerisch weit näher 
als die Klosterbrüder. (Vgl. S. 136.) Auch war es besonders wie 
bei jenem das Porträt, womit er und zwar mit Beifall beschäftigt 
ward, wenn er auch gelegentlich religiöse Werke, wie eine heilige 
Fanqilie in raphaelischer Art malte. Seine Wege und die der 
Nazarener mussten aber bei ihrem grundverschiedenen Wollen 
immer weiter auseinandergehen, wie bei Betrachtung der Düssel- 
dorfer Schule, zu deren Direktion er 1826 berufen ward, erörtert 
werden soll.
	        
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