Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

 durch empfindliche Starrheit und das Selbstbildniss des 
Künstlers W) durch die übertriebene ascetische Magerkeit der Formen 
beweisen. 
Ganz den christlichen Anschauungen des Mittelalters bis zum 
Cinquecento sich hingebend war es den Klosterbrüdern naheliegend, 
ihre künstlerische Stellung auch durch ihre religiöse zu besiegeln und 
dadurch noch mehr zu bewahrheiten. Der Madonnen- und Heiligen- 
cult der vorreformatorischen Kunst passte nicht zu der modernen 
Auffassung der reformirten Confessionen wie überhaupt das Princip 
der Entsinnlichung des Cultes, wie es namentlich der protestantischen 
Confession eigen ist, der religiösen Kunst nicht sonderlich günstig 
sein konnte. Die Versenkung in's Mittelalter, der Klosteraufenthalt, 
die romantische Literatur (wie Wackenroder in dieser Beziehung 
dachte, ist oben dargethan worden) und der Aufenthalt in Rom, dem 
Mittelpunkte des Katholicismus, wirkten zusammen, die Protestanten 
unter den Klosterbrüdern unter dem Vortritt Overbeck's zur Rück- 
kehr zum Katholicismus zu bestimmen. Wie ungünstig man auch 
diesen Schritt beurtheilen mag, so muss man doch zugeben, dass er 
nicht um materieller Vortheile willen, sondern aus Ueberzeugung 
gethan ward, freilich zunächst aus künstlerischer Ueberzeugung. Es 
schien ihnen damit die letzte Kluft überbrückt, welche die moderne 
Anschauung von jener der älteren Kunst schied, indem es dadurch 
möglich ward, sich in voller Gläubigkeit und ganzen Herzens den 
gewählten religiösen Kunstidealen hinzugeben. Die Sache machte 
gewaltiges Aufsehen und die vKlosterbrüdera oder wNazarenem hatten 
von Kunstgenossen und anderenf") manchen Schimpf, manche allzu 
unglimpfliche Verurtheilung zu erfahren, da man damals, wo nach 
dem Urtheile der Mehrzahl die Kunst viel zu technisch gefasst wurde, 
die Consequenz des Uebertritts, um der religiös-romantischen Richtung 
in voller Ueberzeugung huldigen zu können, nicht begreifen wollte. 
Gibt man aber, wozu Verfasser sich weniger entschliessen könnte, 
 Neue Pinakothek in München. Nr. 210. 
ä") In denGallerie der Malerbildnisse in den Uffizien zu Florenz. 
  per Bildiiauer M. Wagner hatte seinen bezfiglichen Aeusserungen Seine 
lIl effigie-Erschemung auf OVerbeclCs Composition "die Kreuztragung" unter den 
Peinigern zu verdanken. (Erinnert an Biagio auf Michel-Angelds Gericht) 
Goethe's Auslassung über "diese Fastenprediger mit dem Pinsel stätt mit der; 
Kreuz in der Hand" ist bekannt.
	        
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