Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

ausübten, und dass sich den Genossen zuvörderst die erstere, ein- 
schliesslich der umbrischen Periode Raphaels, als ihr neues Ideal 
darstellte. Das Grosse, Gewaltige, wie es sich in den raphaelischen 
Stanzen oder namentlich in den Fresken Michel-Angelds in der 
Sixtina fmdet, lag ihren Anschauungen in dem Grade ferner, als 
es sich mit der Antike verwandter und mit sinniger Religionsschtvär- 
merei und christlicher Innigkeit unverträglicher erwies; ebenso die 
markige Schule des Massaccio und der Florentiner überhaupt, welcher 
jener transcendentale Zug weniger innewohnt. Dass jedoch Over- 
beck schon von Anfang an die Bedeutung und Grösse des ihm 
weniger zugänglichen Gebietes nicht verkannte, erhellt aus seinem 
Urtheil über Wintergerst, dessen. michelangeleske Entwürfe der da- 
maligeil Zeit er aufrichtig, wenn auch vor dessen Aufflammen und 
riesenmässiger Entwicklung sentsetzte, bewutndert. 
Wenn man demnach von dem präraphaelitischen Geiste spricht, 
der die Klosterbrüder beherrschte, so muss der Begriff hier einge- 
engt, dort ausgedehnt werden. Denn während sich einerseits die 
Ideen vorzugsweise zwischen Fiesole, den Umbriern, Pinturrichio und 
Francia bewegten, den Florentinern nach Masaccio aber, wie nament- 
lich den Verocchids, Grillandajds und Signorellfs weniger zugewandt 
waren, ward anderseits auch Raphael in seiner früheren Zeit und 
namentlich in seinen Tafelmalereien, so lange ihm die scharfe Form- 
bestimmtheit seiner peruginesken Schule innewohnte, wie besonders 
in seinen Madonnen und heiligen Familien (Ganigiani), als eines der 
wichtigsten Vorbilder betrachtet, und dazu nordische, d. h. flandrische 
und Dürer'sche Technik mit Fleiss und Geschick berücksichtigt. 
Nordische Formgebung und Charakteristik dagegen nur ganz aus- 
nahmsweise, namentlich seit der Uebersiedlung nach Rom, da eine 
Erweiterung der Kenntniss derselben kaum mehr möglich war, 
wodurch die altitalienische Weise bei weitem überwiegend wurde. 
Nur dieses Verhältniss konnte Overbeck im Sinne haben, wenn er 
später (1820) anlässlich des Bildes Italia und Germania ü) von seinen 
sich ausschliessenden (gegensätzlichen) und doch unzertrennlichen 
Neigungen spricht, welche die sich die Hände reichenden Frauen- 
gestalten repräsentiren sollen.  
 Aus dem Besitz des Hrn. Werner in Frankfurt an Kilnig Ludwig 
Neue Pinakothek Nr. 149 gelangt, 11th. v. Hoff und Kauffmanm 
die 
in 
und
	        
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