Riesenstreben nach dem Himmel, seine kolossale Dauer und Unbe-
greiflichkeit: den Geist Erwin's selbst seh" ich in einer furchtbar
sinnlichen Anschauung vor mir stehen. Es ist zum Entsetzen, wie
der Mensch nicht rastet und ruht, bis er diesen ungeheuren Spring-
brunnen von lauter Felsenmassen hingestellt hat, der sich ewig,
ewig ergiesst, und wie mit der Stimme des Donners Anbetung vor
Erwin, vor uns selbst in unsere sterblichen Gebeine hineinpredigt
Wer da noch demonstriren und Erwin und das barbarische Zeit-
alter bedauern kann, o wahrhaftig, der begeht, ein armer Sünder,
die Verleugnung Petri an der Herrlichkeit des göttlichen Ebenbildesß
Freilich der Tieck'sche Kunstenthusiasmus ist nicht so natürlich wie
der Wackenrodefs, sondern angenommen und gemacht, die Ver-
zückung ist übertrieben und unwahr, es ist nicht mehr der echte
Klosterbruder, sondern wie Haym bezeichnend sagt, der plattirte.
Doch auch das verzerrte Echo lässt den Klang wieder erkennen, der
es hervorgerufen und zwar hier nicht blos wiederholend, sondern
selbst weiter entwickelnd.
Auch Schwaben, ohne welches der deutsche Dichterliimniel seine
schönsten Sterne nicht hätte, entsandte schon damals seinen Roman-
tiker, Hölderlin aus Laufen am Neckar. Nachdem schon im Jahr-
gang 1793 von Schilleris Neuer Thalia das Fragment von Hyperion
erschienen, folgte später in zwei Bänden der gleichnamige vollendete
Roman Hölderlins ein lyrisches Gedicht in Briefforin. Es war
dem Dichter darum zu thun, seine Begeisterung, sein Leiden, Sehnen,
Hoffen und Lieben seinem Helden in den Mund zu legen, und dieser
Held erscheint als ein Sohn des modernen Griechenlands, der seinen
Idealen nachjagt und nachdem er sie allertvärts an der herrschenden
Entartung scheitern gesehen, enttäuscht sich in die Einsamkeit zu-
rückzieht. Hölderlins Naturell klammert sich an Posa in Don Carlos;
hin- und hergezogen dann zwischen Schillers früheren Arbeiten und
Fichte verliert sein reizbares Gemüth den Halt, er sinkt, unzufrieden
mit allem um sich, mit seinen Verhältnissen und mit sich selbst,
in tiefe Melancholie und zuletzt in Wahnsinn. Einen günstigeren
Einfluss als auf ihn hatte das Scheitern der schönsten Hoffnungen
auf F. L. V. Hardenberg (Novalis) aus Ober-Wiederstedt im Mans-
feldischen geübt, welcher weniger leidenschaftlich angelegt neben
L
der Eremit
Hyperion oder
in
Griechenland.
Tübingen 1797.
1799.