Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

Anschauung, bei dem ersteren begeisterte Empfindung vorherrscht, 
bei diesem die Plastik, bei jenem Malerei und Musik im Vordergrunde 
steht; dass dieser ein Parteigänger der Antike, jener mehr der mittel- 
alterlichen Kunst zugewandt ist, dieser gründlich heidnisch, jener 
schlicht christlich denkt und fühlt. 
Wackenroder spricht es nemlich geradezu aus, dass aus dem 
Zusammenflusse der Ströme von Kunst und Religion sich der schönste 
Lebensstrom ergiesse. Er vergleicht auch den Genuss der edleren 
Kunstwerke dem Gebet; es ist Kunstfrölnmigkeit, religiöses Entzücken, 
geradezu Verzückung, was ihn beherrscht. Wie er vor dem Kunst- 
werk niederknien könnte, um ihm zu huldigen, so drückt ihn gleich- 
sam die Macht der Musik auf die Knie. Diese Eindrücke erpressen 
ihm das Geständniss der Unvermeidlichkeit des Convertiten t). vDie 
Kunst hat mich alhnächtig hinübergezogen, und ich darf wohl sagen, 
dass ich nun erst die Kunst so recht verstehe und innerlich fasse. .  
Kannst du ein hohes Bild recht verstehen und mit heiliger Andacht 
es betrachten, ohne in diesem Moment die Darstellung zu glauben 1M 
Verhängnissvolle Worte, Welche bald den Uebertritt mehrer Künstler 
des romantischen Kreises befördern sollten! 
In seinen Träumen steht Raphael und Dürer xHand in Handc. 
Doch mit besonderer Vorliebe bewegt er sich in noch früheren Zeiten. 
Die alten Italiener mit ihren Anekdotengeschichten und in ihrer 
schlichten Erscheinungy die gothischen Dome und gemalten Fenster 
entzünden seine Phantasie. Er Wünscht sich zurück in die vergangenen 
Zeiten. wWie innig liebi ich die Bildungen jener Zeit, die eine so 
derbe, kräftige und wahre Sprache führen. Wie ziehen sie mich 
zurück in jenes graue Jahrhundert, da du, Nürnberg, die lebendig 
wimmelnde Schule der vaterländischen Kunst warst und ein recht 
fruchtbarer, überfliessender Kunstgeist in deinen Mauern lebte und 
webtec Dann coordinirt er die mittelalterliche Kunst mit der 
classischen, die erstere so berechtigt wie die letztere: vKunSt iSt die 
Blume menschlicher Empfindung. In ewig wechselnder Gestalt erhebt 
sie sich unter den mannigfaltigen Zonen der Erde zum Himmel empor, 
und dem allgemeinen Vater, der den Erdball in seiner Hand hält, 
Klosterbruder. 
seinen Freund 
 Phantasien über die Kunst von einem kunstliebenden 
Hamburg 1799. Brief eines jungen deutschen ßlalers in Rom an 
in Nürnberg. S. 152 der 2. Ausgabe von 1814.
	        
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