die sclavische Nachbildung nicht hlos classischen Styles, sondern
athenischer Bauwerke oft geradezu verletzt. Denn der wunderlichen
Combinationen eines R. Cockerell und J. Nash an der S. Georgs-
Kapelle und an der Allerseelenkirche in London nicht zu gedenken,
ist es als ein entschiedener Missgriff zu bezeichnen, wenn der sonst
verdiente W. Inwood (1822) in übergrossem puristischem Eifer des
Archäologen das Erechtheiion unter Wiederholung der Seitenporticus
auf beiden Seiten als Kirche des h. Pancratius nach London ver-
pflanzt und zum Ueberflusse den Thurm der Winde als Glocken-
thurm anfügt; oder wenn J. St. Repton das choragische Denkmal
des Lysikrates als Uhrthurm wiedergiebt.
Immer entschiedener aber tritt gegen das Ende der classicisti-
schen Periode auf allen Kunstgebieten zu Tage, dass in den nächsten
Jahrzehnten die Superiorität in der Kunst Deutschland zufalle, und
dass diess seiner zweiten Glanzperiode entgegengehe. Während die
Nationen Frankreichs und Italiens den Nacken erst unter langwie-
rigem Despotismus und dann unter dem kaum schlimmeren Joche
der Reaction zu beugen hatten, wodurch mit der Freiheit namentlich
der Kunst für einige Zeit die Lebensluft entzogen ward, rang sich
gerade Deutschland aus dem Drucke des honapartistischen Ueber-
muthes zu Sclbstgefühl und Bedeutung empor. Dem Drucke folgte
nicht wie dem französischen Sicgestaumel Erschöpfung, sondern das
Wiederaufleben der Genesung, welches gerade die herbe Arznei, die
Frankreich selbst den Nachbarn gegen die auch von ihnen ausge-
gangene Versumpfung und Entsittlichung gereicht hatte, wesentlich
beförderte. Die allgemeine Entrüstung über die letzte Vergangenheit
mit dem ganzen Gefolge von Schmach und Elend spornte die Geister
zu AHStH-rngungen, wie sie mehre Jahrhunderte lang nicht mehr
gemacht worden waren. Und zwar auf allen Gebieten, vorab auf
den höchsten des menschlichen Geistes, nemlich der Wissenschaft
und der Kunst. Wieder galt der innere Werth und die ganze Wahr-
heit mehr als die äussere Form, es war vorbei mit eitlel" iHhEÜÜOSCP
oberflächlicher Prahlerei in lediglich schöngeistiger Wissenschaft, vor-
bei mit der formalen Prunktendenz in der höfischen Kunst. Dazu
war wieder ein Gefühl lebhaft erwacht, das in langer Gulturabhängig-
keit fast erstickt war, das der Nationalität. Diesem konnte der mehr
kosmopolitische vaterlandslose Classicismus nicht mehr genügen. Man
suchte zurück in andere Zeiten, man besann sich förmlich neu der