möchte man glauben, dass Frankreich das Land gewesen sei, wo
die classicistiscl1e Bildnerei ihren Höhenpunkt erreichen musste.
Denn auch die Schwesterkunst, die Malerei, war nirgends in so ent-
schiedenen und erfolgreichen plastischen Bahnen gewandelt und das
formale Talent der Franzosen ganz besonders darauf angelegt, die
äusserliche Erscheinung, wie sie der classicistischen Periode besonders
am Herzen lag, in höchstmöglicher Vollendung auszuprägen. Dennoch
erreichte keiner der französischen Meisselkünstler die Höhe eines
Canova, Thorwaldsen oder selbst Flaxman, indem keiner über jene
trockene Correctheit, wie sie auch der Davidischen Malerschule an-
haftete, oder über mehr theatralisches als unmittelbares Pathos sich
aufzuschwingen vermochte. Sie verhält sich eben nach Lübkeg
bezeichnendem Worte zu der deutschen Bildnerei, wie etwa Racine's
Phädra zu Göthe's Iphigenia. Dagegen tritt sie entschieden früher
auf als in Deutschland, und selbst schon vor Ganova lässt sich dort
der Beginn des Umschwunges fühlen. Ich erinnere nur an den
Paris des N. F. Gdllet (1709-1791) im Louvre, welches Receptions-
stück gerade aus dem Geburtsjahre Canovzfs stammt. Beträchtlich
gereifter tritt dann die Glassicität in P. Julien (1731-1804) ent-
gegen, dessen asterbender Kriegera (1779) und namentlich Ganymed
den Adler tränkend 4') das Studium nach der Antike wie nach der
Natur in der erfreulichsten Weise verrathen, wenn auch die abge-
streifte Manierirtheit des Zopfthums noch gleichsam am Boden liegt,
wie in den Wolken, auf Welchen der schöne Ganymed steht. Als
entschiedener Classicist und als das für die Plastik was David für
die Malerei, steht erst A. D. Ckaudet da, geb. zu Paris 1763, i" 1810.
Nachdem er sich dessen, was er in seiner zopiigen Schule noch aus
Coustou's Tradition gelernt, in Rom entledigt, war er im Jahre des
Ausbruchs der Revolution nach Paris zurückgekehrt, wo er zunächst
(1793) in dem Peristyl-Relief des Pantheons, einen in den Armen
des Ruhmesgenius sterbenden Krieger darstellend, eine Probe des
vollzogenen Umschwunges ablegte. Für eine ausgedehntere Beschäf-
tigung des Künstlers waren die Zeitläufte zunächst nicht günstig,
und so fällt seine Hauptthätigkeit erst in die Epoche Napoleons
Von seinen sonstigen Idealwerken ist ader Hirt PhQrbaS den Knaben
Oedipus liegende (1801, die Marmoratisführung später) von tadel-
Louvre.
im
Werke
Beide