Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

ihm zu illustrirenden Werkes über dieselben vorlegt. Er ist über- 
haupt voll von Bewunderung der Denkmäler der Romantik, und 
spricht sich u. A. entzückt über den Mailänder Dom aus. Dagegen 
erscheinen seine Urtheile über die Reste des Alieltthulng kühl, ja 
zuweilen geringschätzig. Er scheint ihnen wenig Aufmerksamkeit 
zu schenken, da sie wdem Architekten zumeist nichts Neues bieten, 
weil man von Jugend auf mit ihnen bekannt istß Dass indess doch 
die Eindrücke der Antike den Sieg davon trugen und ihm nach 
seiner Rückkehr mit verstärkter Kraft vor die Seele traten, Während 
die Romantik ihren der Jugend so zugänglichen Zauber mehr und 
mehr verlor, beweist sein folgender Entivicklungsgang. Es war aber 
vielleicht nicht ohne wichtige Folgen, dass der Künstler unmittelbar 
nach seiner Rückkehr und noch voll von jenen Eindrücken keine 
Gelegenheit zu architektonischer Bethätigung fand. Auf Mitlerei 
angewiesen, wie er nun  in der traurigsten Periode Deutschlands 
1805 bis 1813  war, neigt er in der That entschieden zur Romantik 
hin: mittelalterliche Stäidteansichten, gothische Dome, darunter Restau- 
rationsentwürfe vorhandener und unvollendeter oder entstellter Kathe- 
dralen, waren seine Hauptgegensttinde, selbst seine Gattin malte er 
im altdeutschen Costüm und liess im Hintergründe ein gothisches 
Bauwerk erblicken; ja er zeichnet 1810 einen Entwurf eines Mau- 
soleums für die Königin Luise in gothischem Style, und eifert im 
Begleitschreiben gegen die für uns wkalte und bedeutungslosec Antike, 
während erst in der Gothik wdas Ideelle ausgeprägt und veranschau- 
licht, Idee und Wirklichkeit ineinander verschmolzen seiß In ähn- 
licher Weisecmpfiehlt er selbst noch 1819 seinem Könige den seit 
mehren Jahren vorbereiteten gothischen Entwurf eines Domes für 
Berlin, der gleichwohl zu den glänzendsten und originellsten Erfin- 
dungen moderner Romantik gezählt werden muss. Man hört aus 
seinen Worten gleichsam das Rauschen des Stromes der Zeit, 
man sieht den Freund Cl. Brentano hinter dem Schreibenden 
stehen, fühlt aus dem gelegentlich selbst leidenschaftlichen Tone 
heraus, dass der Künstler nicht ganz eins mit sich selbst sei und 
jene Richtung noch nicht entschieden gewählt habe, die seinem 
innersten Wesen entsprach. Er hat auch die Gothik mehr von ihrer 
malerischen Seite erfasst, wie sie sich ihm in normannischen Bauten 
oder im Dom von Mailand autgedrängt hat, und weniger von dem 
Standpunkte der COIIStPLICtlYTEII Conseqttenz, worin doch das Wesen
	        
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