Plastik.
Thorwaldsen.
153
Dänen, da der Vergleich beider Werke dem letzteren nicht allzu
günstig sein dürfte. Trotzdem kann nicht bezweifelt werden, dass
dasselbe als die höchste Schöpfung der modernen Classicität im
Gebiete des Reliefs zu bezeichnen ist. In der That ist auch, da die
unglaublich rasche Herstellungf) kein eingehendes Studium, kein
wählerisches Abwägen zuliess, die verständnissvolle Sicherheit in der
Anlage wie in der classischen Formgebung nur auf's höchste zu
bewundern. Allein es kann anderseits nicht verschwiegen werden,
dass das entschiedene Uebergewicht des formalen Talentes über den
Gehalt sowohl dem Gedanken wie der Phantasie und Empfindung
nach, und das gewiss erfolgreiche Bestreben dem antiken Vorbilde
äusserlich möglichst nahe zu kommen, den Beschauer weniger er-
wärmt, als diess Werke von weit geringerer technischer Vollendung,
aber dafür grösserer Eigenart der Erfindung des Ausdrucks und der
Durchbildung zu bewirken pflegen. Verfasser dieses zieht daher dem
gefeierten Werke jene kleineren Reliefarbeiten vor, in welchen irgend
ein anmuthvolles, aber lediglich anekdotenhaftes Motiv der Anforde-
rung an tieferen Gehalt überhebt und das Ueberwiegen der Form-
gebung über den Gehalt weniger ersichtlich werden lässt. Hieher
gehören namentlich die Darstellungen aus dem erotischen Kreise,
wie das anakreontische Bild mit dem von der Biene gestochenen
Amor, welcher der Venus sein Leid klagt, oder das nicht minder
reizende Idyll, eine Schäferin mit dem Nest von Amoretten auf dem
Schosse darstellend, welchem eben einer der Kobolde seine Fittiche
erprobend entschlüpft, wenn auch hierin wieder nicht zu verkennen
ist, welchen Einfluss die Canova'sche Grazie doch auf den Künstler
ausgeübt.
Der Mangel an Gehalt und Tiefe tritt uns auch an den idealen
statuarischen Werken entgegen, wenn wir uns nur einen Augenblick
daran erinnern, wie die griechischen Meister vor Allem darauf aus-
d") Das Original (in Gyps) befindet sich im Quirinal, nach Zeichnungen von
F. Overbeck gest. von Betteiini und Marchetti. Napoleon hatte eine modificirte
Replik in Marmor bei dem Künstler bestellt und sogar schon die Hälfte der
geforderten Summe an denselben gelangen lassen, als sein Stern erblich, wodurch
das Werk um die zweite Hälfte des Kaufpreises an den Grafen" Sommariva für
(lessel; Besitzung am Comersee gelangte. Ein drittes Marmorexemplar wurde für
das (Ihristianburger Schloss in Kopenhagen ausgeführt. Ein Gypsabguss befindet
sich im Speisesaal des Palais Luitpold (vormals Leuchtenberg) in München.