Volltext: Geschichte der neueren deutschen Kunst vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zur Wiener Ausstellung 1873

Vorgange wieder in ein Recht einzusetzen, das seit langem verloren 
war. Denn nicht blos die Reliefplastik der Renaissance, sondern 
auch die des Mittelalters, und selbst des cäsarischen Rom-kennt 
vornehmlich in Compositionen, die aus mehreren Figuren bestehen, 
die Grundgesetze dieses Kunstzweiges nicht und arbeitet fast durch- 
gängig in malerisch und perspectivisch gedachten Conceptionen, statt 
den Grundsatz der stricten Doppelbegränzung durch den Grund Wie 
durch die ursprüngliche Erhebung der Platte, dieser Einspannung 
der Darstellung zwischen zwei Flächen, die hergestellte des Grundes 
und die ursprüngliche und mit der Arbeit verschwindende, festzu- 
halten. Da es nun der Plastik an dem malerischen Hilfsmittel der 
Luftperspektive fehlt, so musste durch die Vernachlässigung dieses 
Grundsatzes eine unangenehme und den Eindruck der Unwahrheit, 
ja Unmöglichkeit machende Häufung der Figuren entstehen, während 
das griechische Relief in klarem Nebeneinander den Vorgang darzu- 
stellen strebte. Auch Thorwaldsen überwand nur in allmäligem 
Fortschritt diese Klippe einer fast zweitausendjährigen Ueberlieferung, 
wie seine ersteren Reliefs zeigen, ja es stellt in diesem Betracht 
sogar seine zweite Reliefschöpfung, wder Tanz der Musen um die 
Grazienc (1804) mit der vWegführung der Briseisc (1803) verglichen 
einen Rückschritt und starkes Anlehnen an Canova dar. Auch von 
dem Maass und Adel, von dem xaufgewühlten Meer des Innern bei 
ruhiger Oberflächee , wie es die hellenische Plastik auszeichnet, ver- 
räth Thorwaldseds Achill noch keine Spur. Wie gediegen erscheinen 
dagegen das gleichwohl nicht unabhänging von der Carstensschen 
Composition nachmals als Gegenstück zu der Briseis ausgeführte 
Relief sPriamus von Achill die Leiche Hektors erbittenda, oder 
vHektors Abschiede, ferner die Amor-Idyllen, die späteren durch 
zahllose Nachbildungen Weltbekannt und im vollsten Sinne des 
KVortes populär gcivortienen Medaillons der wier Jahreszeitena und 
xNacht und Morgem. Vor allen Reliefarbeiten geschätzt wird aber 
das grosse Frieswerk des Alexanderzuges, zu welchem 1811 die 
Ausschmückung des Quirinal für den Empfang Napoleons die Ver- 
anlassung gab. Wohl liegt auch diesem  wie die meisten Werke 
des Künstlers dem Motive nach unselbständig sind  in den her- 
vorragenderen Theilen der unerreichbare Parthenonfries der Phi- 
diasschen Werkstatt zu Grunde, und es möchte daher vielleicht die 
Erinnerung daran ungerecht machen gegen die Leistung des grossen
	        
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