'l'hüre, Koffer und Mappen waren aufgeschnürt, da kam der Reise-
genosse mit der Erklärung, dass man noch einen Tag bleiben müsse,
da der Pass nicht in Ordnung sei. Der Tag des Aufschubes aber wurde
folgenschwer, und wenn Thorwaldsen später den Tag seiner Ankunft
in Rom (8. März 1793) seinen Geburtstag nannte, so dürfte er den
Tag jenes Aufschubes den seiner künstlerischen Mündigkeitserklärung
nennen. Denn an jenem Tage kam ein begeisterter englischer Kunst-
freund, Sir Thomas Hope in Thorwaldsens, vormals Flaxmairs
Atelier, sah den Jason, und bestellte ihn sofort in Marmor, die
Forderung des Künstlers nicht blos erfüllend, sondern sogar über-
bietend. Thorwaldsen blieb, und sein ganzes folgendes Leben ge-
staltete sich gleichsam als ein künstlerischer Triumphzug. Seinem
selbst von zeitweiliger Kränklichkeit nur wenig laeeinträichtigten ruhigen
und beharrlichen Fleisse und dem Schaffensvermögen, wie es ihn sein
langes Leben fortan nicht verliess, entsprach nemlich von nun an
die lebhafteste Anerkennung, Welche vielleicht irgend einem Künstler
aller Zeiten zu Theil geworden ist. So verzögerte sich schon durch
Hätufung der Bestellungen und Arbeiten die Vollendung des Jason
um ein Vierteljahrhttndert, und wäre vielleicht nie erfolgt, wenn
Hope dem Wunsche des Künstlers, sich irgend ein anderes seiner
späteren und vergleichungsweise gediegeneren Werke dafür zu wählen,
entsprochen hätte. Und Hope war in der That in seinem Beharren
von richtigem Takte geleitet worden; denn am J ason haftet nicht
blos der iiussere Ruhm seiner epochemachenden Geschichte, sondern
er sprach auch den Geist der neuen Classicität unmittelbarer,
ursprünglicher, markiger und wärmer aus , als diess in spätern
Werken der Fall war, wo häufig der allzu enge Anschluss an die
Antike der originalen Erscheinung, die formale Vollendung und vir-
tuose Behandlung dem Eindrucke warmer Empfindung und Lebens-
fähigkeit Abbruch tl1at.
Doch war es nicht die statuarische Kunst, in welcher sich der
Künstler am liebsten und balmbrechendsten bethätigte, sondern das
Relief, welches durch ihn einen ganz neuen und elassisch correkten
Aufschwung nahm. Es ist oben erwähnt worden, dass Canova's
Schwäche vornehmlich am Belief zu Tage trat, in "Velchem 91' Stets
zum Malerischen abirrend, zu keiner stylvollen, d. h. specifisch
plastischen Behandlung gedieh. Hier galt es, von dem künstlerischen
Vorbilde Carstens" abzulenken und den Meissel nach griechischem