Die kriegerische
Tracht.
Praetorianer.
Feldzeichen.
717
Städten stationirt, durch Vitellius sogar bis auf sechszehn Cohorten zu
16,000 Mann vermehrt, später aber wieder auf zehn Cohorten reducirt
wurde. Als Gardetruppen nahmen sie sowohl "durch ihre bei weitem
höhere Löhnung, durch kürzere Dienstzeit und, wie aus unserer Abbildung
hervorzugchen scheint, auch in ihrer Armatur eine vor den Legionen be-
vorzugte Stellung ein. Eine befestigte Caserne (castra) wurde ihnen in
Rom durch Tiberius eingeräumt und, trotzend auf ihre Stärke, übte be-
kanntlich diese freche Soldateska den willkürlichsten Einflufs auf die po-
litischen Angelegenheiten, sowie auf die Person des Kaisers aus. Diese
stolze, übermüthige Haltung drückt sich auch in den beiden hier abge-
bildeten Praetorianern "aus.
Die Fahne hatte bei den Römern bereits dieselbe militärische Be-
deutung, Wie bei den Soldaten des Mittelalters und der Neuzeit. Zu
ihnen schwur der Krieger, sie bildeten den Sammelplatz für die im Kriegs:
getümmel aufgelösten Reihen, ihre Erhaltung galt als höchster Ehrenpunkt,
ihr Verlust brachte Schimpf und Verachtung über den Fahnenträger und
die Truppen. Mehrfache Beispiele werden uns erzählt, wo Ofiiciere, um
den gesunkenen Muth der Truppen neu zu beleben, die Fcldzeichen in
die Haufen der Feinde oder über die feindliche WValllinien schlenderten,
und die Soldaten zur Rettung derselben aus Feindeshändcn den letzten
Blutstropfen daran setzten; in der Schlacht am Trasimenus vergrub der
sterbende Adlerträger das szlqnum mit seinem Schwerte, und in der Nieder-
lage des Varus rifs ein Fahnenträger den Adler vom Schaft und verbarg
sich mit demselben vor den verfolgenden Deutschen in einem Sumpfe.
Ursprünglich nur in Form eines an der Spitze einer Lanze befestigten
Heubündels' änderten jedoch diese Feldzeichen bald ihre einfache Gestalt.
An die Stelle des.Heubündels trat ein an ein Querholz geschlagenes und
an der Spitze einer Stange befestigtes viereckiges Tuch (vexillunz) (Fig.
516a), welches von kleineren Truppentheilen der Infanterie, durchgängig
aber von der Cavallcric getragen wurde (vgl. Col. Traian. No. 6. 16. 66.
Col. Antonin. No. 26. 51. 52). Von demselben unterschieden ist das signum,
ein auf einer Stange befestigtes festes insigne in Gestalt eines Thieres,
wie z. B. einer Wölfin, eines Pferdes, Elephanten, Ebers, Capricornus oder
auch einer ausgestreckten Hand (Fig. 516 c, d, h, i), letztere gewöhnlich
als Standarte der Manipeln, erstere hingegen als Cohortenzeichen dienend.
Als gemeinsames Signum der ganzen Legion aber war seit Marius der
1 Vielleicht sind die an den Schaften der späteren Feldzeichen häufig angebrachten,
durch Bänder umwickelten Blätterbündel eine Reminiscenz jener primitiven Standarlen (vgl.
Fig. 516a, c, e,ß h).