710
Die kriegerische Tracht.
Lanze (Pilum).
die Hasta, beibehielten, während die Triarier eine WVurfwaffe, das pilune,
erhielten. Für die Veranschaulichung des Pilum sind wir, einmal durch
Auffindung einer Anzahl gleichgestaltcter Lanzenspitzen in den Rheinlanden
und in der Schweiz, dann durch Köchlyis genauer Prüfung derselben und
durch die daraus mit Hülfe der schriftlichen Aufzeichnungen des Alter-
thums gewonnenen neuen und wichtigen Resultate im Stande, eine kurze
Geschichte dieser für die römische Kriegsführung so wichtigen Waffe zu
geben, wobei wir die Untersuchungenl des genannten Gelehrten hier zu
Grunde legen wollen. Das älteste von den Triariern geführte Pilum, jener
hauptsächlich zur Vertheidigung des Lagers bestimmten Truppe, war ohne
Zweifel eine ungemein wuchtige und lange Waffe, und eignete sich in
dieser Form vorzugsweise zur Abwehr eines Sturmes gegen den Wall, wo
es darauf ankam von der Höhe der Mauerbrüstung herab die Waffe auf
den von unten herauf dringenden Feind zu schleudern, während dieselbe
für einen horizontalen Kernwurf in offener Feldschlacht viel zu schwer
war; unstreitig war dieses alte Pilum identisch mit dem in späteren Zeiten
nur noch selten gebrauchten pilwn nmralc. Ganz wahrscheinlich wurde
zur Zeit der Kämpfe gegen Pyrrhus dieses schwere Mauerpilum gegen
eine leichtere, von Polybius erwähnte und für die Feldschlacht geeignetere
Wurfwalie vertauscht. Principes und Hastati führten dasselbe im zweiten
punischen Kriege neben dem älteren Pilum, welches letztere sie aber, wie
Köchly meint, selbstverständlich beim Ausmarsch in die Schlacht im La-
ger zurückliefsen. Dieses leichtere pilum bestand aus einem Schaft von
mäfsiger, leicht zu umspannender Stärke, gleich der 014915111; oder des zum Ab-
fangen des Wildschweines bestimmten Jagdspiefses, über welchen ein langes
Eisen gezogen wurde, bestehend zur einen Hälfte aus einer wahrscheinlich
viereckigen Stange mit Widerhakenspitzen, zur anderen Hälfte aber aus einer
geschlitzten Tülle. Eiserne Ringe und Hafte befestigten aufserdem die Ver-
bindung des Schaftes mit dem Eisen, so dafs ein Bruch der Wade an
dieser Stelle unmöglich war. Die erste wichtige Umgestaltung der C on-
struction des Pilum ging von Marius aus. Derselbe soll nämlich, wie es
im Plutarch (Marius 25) heifst, vfür jene (Cimbern)schlacht die bekannte
Aenderung mit den Pilen vorgenommen haben: bisher nämlich war der
in das Eisen eingeschobene Theil des Schaftes durch zwei eiserne Haften
befestigt gewesen; jetzt aber liefs Marius nur die eine Hafte, wie sie war,
die andere aber liefs er abnehmen und statt derselben einen leicht zer-
1 Verhandlungen der 21. Versammlung deutscher Philolögen und Schulmänner in
Augsburg. Leipzig 1863. S. 139 ff, vergl. Lindensclimit, Die Vaterländischen Alterlhümer
der Fürstlich Hohenzollerßchen Sammlungen zu Sigmaringen. Mainz 1860. S. 17 ff.