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Die
amphitheatralischen Spiele.
Gladiatoren.
entstanden die im ä 85 ausführlich behandelten Amphitheater, in welche
wir jetzt den Leser einführen.
Brot und Spiele (pamle et circenses) waren es allein, welche den
zügellosen, stets miifsigen Pöbel Roms zu fesseln, Spiele waren es allein,
welche die gebildeteren Schichten der Bevölkerung von der Politik fern zu
halten vermochten; sie bildeten den Zauberstab, mit welchem die Macht-
haber die gegen sie sich aufthürmenden Wetterwolken beschworen. Die
unblutigen circensischen Spiele genügten aber nicht zur Sättigung der
mafslosen Schaulust; eine andere Gattung von Spielen mufste vorgeführt
werden, welche durch den steten WVechsel, durch Grausenhaftigkeit und
krasse Elfecte eine neue Anziehungskraft auf die Massen ausübte. Zur
Erreichung dieses Zweckes boten die bereits im dritten Jahrhundert vor
unserer Zeitrechnung nach Rom übertragenen Gladiatorenspiele die beste
Gelegenheit. Rasch biirgerten sich diese Spiele ein, und Rom trat hier
als Lehrmeisterin für Athen auf. Dem feineren Gefühl für Gesittung,
welches so herrlich das griechische Volksleben durchzog, widerstrebte
freilich anfangs die Einführung der Gladiatorenkämpfe, und ein Demonax
konnte daher den Athenern, als sie über die Einführung dieser Kampf-
spiele beriethen, zurufen, den Altar der Barmherzigkeit zuvor umzustofsen,
ehe ein so unmoralischer Brauch in Athen Eingang fände. Als aber nach
der Unterjochung Griechenlands römische Sitten und Gebräuche auch von
den ohnehin schon demoralisirten Griechen aufgenommen wurden, ver-
breitete sich auch unter der griechischen Bevölkerung die Vorliebe für diese
unmenschlichen Schauspiele. Nach Rom scheinen ursprünglich die Gla-
diatorenkämpfe, wie so viele andere Gebräuche, von den Etruskern über-
tragen worden zu sein, bei denen derartige mit scharfen Waffen geführte
Kämpfe einen Theil der Leichenspiele bildeten, welche an die Stelle jener
uralten, zur Sühne und zum Andenken der Dahingeschiedenen vollzogenen
Menschenopfer getreten waren. Ihre Feier scheint mit dem Cult des Sa-
turnus eng verknüpft gewesen zu sein, was auch darin seine Bestätigung
findet, dal's bei den Römern derartige Zweikämpfe zuerst an den Satur-
nalien aufgeführt wurden, eine Sitte, welche jedoch durch die stets wach-
sende Vorliebe für diese Spiele bald in den Hintergrund gedrängt wurde.
Dem kriegerischen Sinne der Römer entsprach es, die Scenen der blutigen
Kämpfe, in welchen die Republik grofs geworden war, auch daheim im
kleineren Mafsstabe durch Gladiatorenkämpfe sich zu vergegenwärtigen.
Schwerlich aber konnte ein solches Spiel mit Menschenleben, der Anblick
klaffender Todeswunden und die vom vilis sanguis der Sklaven und Mieth-
linge getränkte Arena dazu beitragen, die junge Generation mit dem blu-