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Die Priesterthümer.
Die Fetiales.
sehreitung der Grenze wiederholten sie dieselbe Forderung dem ersten
ihnen Begegnenden und ebenso vor den Thoren der feindlichen Stadt,
endlich aber auf dem Marktplatz vor dem versammelten Magistrat. Er-
kannte man die Rechtmäßigkeit der Forderung an, so wurden den Fetialen
die Urheber der Beleidigung ausgeliefert; im entgegengesetzten Falle kehrten
sie nach Rom zurück, worauf der Senat dem Feinde eine Bedenkzeit von
zehn bis dreifsig Tagen stellte. War diese erfolglos verstrichen, so erhob
der Senat einen neuen Protest, und pflegte demselben die Ankündigung
des Krieges gewöhnlich unmittelbar nachzufolgen. Wiederum begab sich
der pater patratus an die Grenze, und indem er eine blutige Lanze auf
das feindliche Gebiet schleuderte, kündigte er in Gegenwart dreier Zeugen
den Krieg an. Dieser Gebrauch sank freilich in späterer Zeit, als die
Reichsgrenzen sich immer weiter von Rom entfernten, zu einer in Rom
selbst vollzogenen Formalität herab. Auf einem in der Nähe des Tempels
der Bellona gelegenen Stück Landes, welches als feindlicher Boden (terra
hostilis) bezeichnet wurde und das später die coluvnna bellica schmückte,
vollzog der pater patratus die Ceremonie des Lanzenwerfens. Ebenso
war für die Schliefsung von Bündnissen die Gegenwart von wenigstens
zwei Fetialcn nöthig, nämlich des pater patratus und des die heiligen
Kräuter vorauftragenden Heroldes, des verbenarius. Nachdem die Worte
des Bündnisses, vorgelesen waren, wurde zur Besiegelung desselben ein
Schwein mittelst eines im Tempel des Jupiter Feretrius aufbewahrten Kie-
sels (silex) getödtet, daher der Ausdruck foedus ferzire. Diesen Act sieht
man z. B. auf einer Silbermünze der gens Antistia, wo vor einem bren-
nenden Altar das Bündnifs zwischen den Römern und Gabiern durch ein
Schweinsopfer gesühnt wird, desgleichen auf einer Anzahl Münzen aus
dem Bundesgenossenkriege und der Städte Capua und Atella.
Die noch übrigen Priesterschaften der Römer, nämlich die curiones,
die religiösen Genossenschaften der Luperci, Titü und der fratlres Ar-
cales, hier näher zu beleuchten, müssen wir aber aus dem Grunde auf-
geben, da, wenngleich über ihre Kleidung und die Art der von ihnen
vollzogenen Culte vielerlei wichtige Notizen aufbewahrt sind, dennoch
keine Monumente zur Veranschaulichung uns zur Seite stehen. Nur den
Kopfputz der arvalischen Brüder, den Aehrenkranz, zeigt uns der Kopf
des Romulus auf einem geschnittenen Karneol des Königl. Museums zu
Berlin (5. Classe. 2. Abthl. No. 86), durch welchen derselbe als frater
Arvalis, sowie durch den beigefügten Lituus zugleich als erster Augur
bezeichnet wird.
Was schliefslich das Gebet und das Opferritual betrifft, so mufste