Volltext: Das Leben der Griechen und Römer

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Der 
Buchhandel. 
Tausenden von Exemplaren eine Verbreitung in alle Kreise der gebil- 
deten Welt. So sagen Ovid, Properz und Martial, dafs ihre Schriften im 
ganzen Beiche verbreitet gewesen seien, wie denn überhaupt die scharfe 
und oft lascive Satire bei dem Druck, unter dem während der Kaiserzeit 
die Literatur sehmachtete, eine nur zu willkommene Lectüre bildete; so 
wissen wir, dafs l'Iomer's und Vergifs Gesänge in den Händen eines jeden 
Gebildeten zu finden und die Gedichte des Horaz und Cicerds Reden ein 
Gemeingut der Nation geworden waren; so erklärt sich auch die Möglich- 
keit, dafs in den Schulen jedem Kinde Compendien, Chrestomathien und 
grammatikalische Lehrbücher in die Hand gegeben werden konnten, aus 
denen sie sitzend lesen und stehend das Gelesene hcrsagen mufsten. Die 
Verbreitung der Bücher kam mithin im Alterthum annähernd der gleich, 
wie solche bei uns durch die Presse stattfindet, und so kann man es sich 
unter anderen erklären, wenn Augustus in Rom allein von den schon 
Jahre lang in den Händen Jedermanns befindlichen pscudosibyllinischen 
Büchern 2000 Exemplare confisciren konnte. Pomponius Atticus, der 
Freund und Verleger vieler Schriften Cicerds, besafs eine vollständig ein- 
gerichtete Oflicin, in welcher eine grofse Zahl von Sklaven nicht nur mit 
der Instandsetzung von Sehreibmaterialien, sondern auch mit Abschriften 
und Correeturen beschäftigt wurde, und der Besitzer besorgte zugleich 
den Vertrieb seines Verlages, wie wir dies unter anderen von der Rede 
Cieerds pro Ligario wissen, mit welcher er ein vortreliliches Geschäft 
machte. Aufser dieser Verbreitung durch Abschriften erleichterte aber das 
Bekanntwerden der neuesten Literatur die zu Augustus, Zeiten durch Asi- 
nius Polio eingeführte und später allgemein gewordene Sitte der Autoren, 
ihre geistigen Produetionen vor der lslerausgahc entweder in Freundes- 
kreisen oder, nach vorangegangenen Einladungen durch Anschlagszettel, 
an öffentlichen Orten, auf dem Forum, in Theatern, in Bädern oder Hallen 
vor einer gröfseren Menge vorzulesen und so schon von vorn herein die 
Kritik herauszufordern. Fast kein Tag verging, wie der jüngere Plinius 
in seinen Briefen (l, 13) berichtet, an welchem nicht irgend jemand eine 
Vorlesung gehalten hätte, und einen so erfreulichen Beweis dies auch für 
die Regsamkeit auf dem Felde der Literatur lieferte, um so unerfreulichcr 
war es für den Autor, wenn er vor leeren Bänken seine Vorlesung halten 
mnfste, was wohl in der Uehersättigung des römischen Publicums an der- 
artigen täglichen Genüssen und in der nur zu oft vorkommenden Mittel- 
mäfsigkeit der Leistungen eine Entschuldigung finden mochte. vDie Mei- 
stene, heifst es an jener Stelle, vsitzen draufsen umher und schlagen die 
Zeit mit dem Hören von allerlei Geschwätz todt; von Zeit zu Zeit lassen
	        
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