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Die
Sklaven.
einen besonderen Beamten, den dispensator, und dem atriensis blieb seit-
dem nur die Oberaufsicht über die Ordnung und Reinlichkeit im Hause.
Der ceZZa-rius oder pvmmus endlich führte die Schlüssel zu den Vorräthen
der Küche und des Weinkellers. Alle diese letztgenannten Hausofiieianten
wurden als ordinarii bezeichnet.
Eine wichtige Stelle nehmen bei gebildeten Römern schliefslich die-
jenigen Sklaven ein, welche als Vorleser (lectores oder anagnostae) wäh-
rend der Mahlzeit, während des Bades oder zu anderen Tageszeiten fun-
girten, oder Dictirtes niederschrieben, Abschriften besorgten und der
Hausbibliothek vorstanden. Diesen schliefscn sich endlich die Aerzte und
Chirurgen an, welche vor der Kaiserzeit wenigstens zum gröfsten Theil
dem Sklavenstande angehörten oder doch aus demselben hervorgegangen
waren. Alle diese Beschäftigungen werden wir am Schlufs des folgenden
Abschnittes mit Hülfe der Monumente noch näher beleuchten.
Was die Stellung der Sklaven betrifft, so war dieselbe bei den Rö-
mern eine durchaus andere, als bei den Griechen. Während bei den
Griechen der Sklave seinem Herrn gegenüber in einem durch das Gesetz
geschützten Verhältnifs stand und das Züchtigungsrecht, geschweige denn
das Recht über Leben und Tod, durch gesetzlich vorgeschriebene Be-
stimmungen innerhalb gewisser Grenzen gehalten wurde, war in Rom die
Stellung des Sklaven eine bei weitem härtere. Hier konnte der Herr über
seinen Sklaven als eine zu seinem Eigenthum gehörige Sache nach seiner
Willkür verfügen, und dem Sklaven stand kein Rechtsschutz gegen die
Launen und die Grausamkeit seines Gebieters zur Seite. Dieses durch
den schroffen Charakter der römischen Aristokratie stets aufrecht erhaltene
Verhältnifs fand nur da eine Milderung, wo einerseits die Nachsicht und
humanere Denkungsart des Herrn, andererseits die Brauchbarkeit eines
Sklaven eine Annäherung zuliefs. Bei der Menge von Individuen, bei der
Verschiedenartigkeit ihres Charakters und der Nationalitäten, aus denen
eine gröfsere Sklavenfamilie zusammengesetzt War, ITIOChtG der Besitzer
vielleicht nur die kleinere Zahl derselben kennen, während die gröfsere
Menge, vorzugsweise die auf den Landgiitern beschäftigten Arbeiter, seiner
speciellen Aufsicht entzogen war, und hier mag denn oft so manche
harte Züchtigung selbst für geringe Versehen auf Antrieb hämischer Sklaven-
vögte durch den Mund des Herrn dictirt worden sein. In älteren Zeiten
freilich, als noch die zum Haushalt selbst des Reicheren gehörige Diener-
schaft, neben dem Fufsende des Lagers ihres Herrn auf niedrigemBänken
(subsellia) sitzend, das einfache Mahl mit der Familie theilte, alsider Herr
sich nicht scheute, mit dem Pfluge in der Hand selbst den Boden zu be-