Die Sklaven.
635
ihn stets da sein zu lassen, wo es viel Geld und recht viel einfältige
Leute gäbe (örrov 0311 i, dtdövaz xagrmii ptäv oirpßoviav, ipgsvaiv dä
oirpogiav), charakterisirt hinreichend diese Menschenclasse.
Kehren wir nun zu den eigentlichen Haussklaven zurück. Warf schon
das Halten einer solchen Sippschaft von Dienern eben kein günstiges Licht
auf die sittlichen Zustände im Innern der Häuslichkeit der vornehmen
Römer, so müssen wir uns mit noch gröfscrem Abscheu von der Unsitte
abwenden, dafs man von der Natur an Körper und Geist gleich vernach-
lässigte, ja sogar durch künstliche Mittel verkrüppelte Wesen (moriones,
fatml und fatuac) hielt, um sich an ihren blödsinnigen Streichen zu er-
götzen und sie zur Zielscheibe des Witzes zu machen. Eher zu ver-
zeihen mochte wohl die Sitte sein, Zwerge (nani und mmae) unter die
Sklavenschaar aufzunehmen. Man lehrte sie fechten und tanzen, und
mögen ihnen, als besonderen Lieblingen der Damen, wohl so manche
losen Streiche ungestraft hingegangen sein. Ein solcher Favoritzwerg der
Iulia, der Enkelin des Augustus, war unter anderen Canopas, ein Kerl-
chen von nur zwei Fufs und einer Palme. Selbst die Kunst hat sich
nicht gescheut, diese Mifsgestalten nachzubilden. Zwei zu Herculanum
gefundene Bronzestat.uetten, krüppelhaft gebildete Gestalten mit dicken
widerlichen Köpfen und veranstalteten Leibern, die eine in tanzender Be-
wegung die Castagnetten schlagend, die andere mit der Toga bekleidet,
um den Hals die bulla und in der Hand eine Schreibtafel haltend, ver-
anschaulichen uns jene Monstra. Eben solche Thersitesgestalten erscheinen
auch auf einem herculanischen Wandgemälde in allerhand possirlichen
Stellungen (vgl. Pitture d'Ercol. Vol. II. Tav. 91. 92).
Diese ganze einer fa-milia angehörende Sklavenschaar stand, da es
einerseits der Herr unter seiner Würde hielt dieselbe selbst zu beaufsich-
tigen, andererseits auch die Menge der Dienersehaft es nicht zuliefs, unter
besonderen Aufsehern. Die vornehmsten von diesen, denen theils die Ober-
aufsicht über die Ordnung im Hause, die Vorräthe und die Verwaltung des
Vermögens anvertraut war, hatten sich des besonderen Zutrauens ihres
Herrn zu erfreuen. Zu diesen gehörte als erste Person in der familia
der Sklaven der procurator, dem die Verwaltung des Vermögens, sowie
die oberste Leitung aller häuslichen Gescbäfteioblag. Als Rechnungsführer
fungirte vorzugsweise auf den Landgütern der actor, dem, wenn er von
der Landwirthschaft keine Kenntnifs besafs, ein praktischer Landwirth in
der Person des vilicus zur Seite stand, während in der villa urbana der
atriensis, der Hausbofmeister, in der älteren Zeit wenigstens daseRechnungs-
wesen besorgte. Die spätere Sitte verlangte aber auch für dieses Geschäft