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Die Speisen.
Gastmahl des
Trimalchio.
Das Trinken.
die mich noch in der Erinnerung entzücken. Statt Drosseln wurden ge-
mästete Hennen herumgegeben, jedem eine, und Gänseeier. Trimalchio
forderte uns auf davon zu essen, mit dem Beifügen, aus den Hennen seien
die Knochen herausgenommen. Nach einiger Zeit befahl-Trimalchio
den Nachtisch zu bringen. Die Sklaven nahmen also alle Tische weg
und brachten andere, auf den Fufsboden aber streuten sie Sägespäne, die
mit Saffran und Mennig gefärbt waren, und, was ich noch nie gesehen
hatte, Pulver vom Spiegelsteine. . . . Der Nachtisch wurde hcreingebracht,
Drosseln mit Kraftmehl, Rosinen und Nüssen gefüllt; darauf folgten Granat-
äpfel, die ringsum mit Stacheln besteckt waren, so dal's sie Igel bildeten.
Das hätten wir uns noch gefallen lassen, hätte nicht ein noch weit wunder-
licheres Gericht uns fast allen Appetit genommen. Denn da, nach unserer
Meinung, eine gemästete Gans und um sie herum Fische und Vögel von
allen Arten aufgesetzt worden waren, sagte Trimalchio: . . wAlles das
hat mein Koch aus Schweinefleisch gemacht. Es kann keinen preiswür-
digeren Menschen geben: verlangt man's, so macht er aus einer Sau-
gebärmutter einen Fisch, aus Speck eine Taube, aus einem Schinken eine
Turteltaube, aus Üchsenfiifscn eine Henne. e . . Auf einmal traten zwei
Sklaven herein, die sich mit einander zu zanken schienen und thönerne
Krüge trugen. Bestürzt über die Unverschämtheit der Trunkenen sahen
wir genauer hin und bemerkten, dal's aus dem zerschlagenen Bauche der
Krüge Austern und Kammmuscheln herausstürzten, die ein anderer Sklave
auffing und auf einer Schüssel herumtrug. Zugleich brachte der Koch
zischende Schnecken auf einem silbernen Rost. Was jetzt kommt, schäme
ich mich fast zu erzählen: unerhörter Weise brachten nämlich Knaben mit
langen Haaren Salbe in einem silbernen Becken und salbten die Füfse der
Daliegenden, nachdem sie vorher Schenkel, Füfse und Fersen mit Kränzen
umwunden hatten. Dann wurde von derselben Salbe auch etwas in das
Weingefäfs und in die Lampe gegossen."
Soweit die Beschreibung dieses Gastmahls. Was die Getränke hetriift,
so haben wir bereits oben des mulsuwz, sowie der verschiedenen Wein-
sorten und der Art ihrer Kelterung und Aufbewahrung erwähnt (S. 544 Hi).
Wie bei den griechischen Gelagen (vergl. S. 310 f.) wurde auch bei den
römischen der Wein mit Wasser vermischt getrunken; über die Verhält-
nisse der Mischung sind wir jedoch nicht genau unterrichtet. Unver-
mischten Wein zu trinken (meruwz lribere) galt stets als ein Zeichen von
Völlerei; schon das vneracius bibere, das heifst den Wein nur mit einer
geringen Quantität Wasser zu verdünnen, erfuhr einigen Tadel, imd nur
der Genufs eines stark mit Wasser verdünnten Getränkes galt für an-